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Sternengeschichten Folge 521: Der Muonionalusta-Meteorit

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Ein Archiv unseres Ursprungs

Sternengeschichten Folge 521: Der Muonionalusta-Meteorit

Das heutige Thema der Sternengeschichten ist circa 230 Kilogramm schwer, besteht fast komplett aus Eisen und Nickel und ist im Sommer 1906 das erste Mal aufgetaucht. Damals trieben sich die junge Schwedin Amalia Carlsson und ihr zehnjähriger Bruder Viktor im Wald herum, wo sie auf das Vieh ihrer Familie aufpassen sollten. Viktor war ein wenig langweilig, und er vertrieb sich die Zeit damit, herumliegende Steine mit dem Fuß durch die Gegend zu kicken. Einer davon war deutlich schwerer als die anderen und sah auch sehr anders aus. Also nahmen sie ihn mit in ihr Dorf. Von dort gelangte er in die Hände von Hjalmar Lundbohm, einem Geologen aus Kiruna und der stellte fest, dass es sich um einen Meteoriten handelte. Benannt ist er nach dem Ort, an dem er ursprünglich gefunden wurde, der finnischen Dorf Muonio, das 200 Kilometer nördlich des Polarkreises liegt und unmittelbar an der Grenze zu Schweden. Was auch erklärt, wieso er von den Geschwistern Carlsson aus dem schwedischen Dorf Kitkiöjärvi gefunden wurde. Auf jeden Fall lag der Stein aus dem All, "flussabwärts von Muonio", was auf finnisch so viel wie Muonionalusta heißt.

Dieser erste Fund war nur gut 7,5 Kilogramm schwer, aber 1946 wurde beim Bau eines Hauses in Kitkiöjärvi ein zweites Stück des Meteoriten gefunden, mit einem Gewicht von 15 Kilogramm. Ein drittes Stück mit einem Gewicht von 6,2 Kilogramm fand man 1963, beim Bau einer Straße in Kitkiöjärvi. Mittlerweile hat man ein paar Dutzend weitere Stücke gefunden, die insgesamt gut 230 Kilogramm wiegen. Jetzt ist es natürlich immer aufregend, ein Objekt hier unten auf der Erde zu finden, das aus dem Weltall stammt. Aber Meteoriten kann man sich in jedem Naturmuseum ansehen; man kann sie sogar auf Mineralienbörsen und ähnlichen Einrichtungen kaufen; so enorm selten sind sie auch nicht. Warum also eine eigene Folge über einen ganz bestimmten Meteorit, noch dazu einem der einen so komplizierten Namen hat, wie Muonionalusta?

Weil Muonionalusta eben nicht einfach nur irgendein Meteorit ist. Kein Meteorit ist einfach nur irgendein Meteorit, jeder davon erzählt eine ganz eigene Geschichte und die des Muonionalusta ist heute an der Reihe. Dass die ganzen einzelnen Stücke tatsächlich zusammengehören, kann anhand ihrer chemischen Zusammensetzung bestimmen. Es handelt sich dabei um Eisenmeteorite der Klasse IVA, sogenannte "feine Oktaedrite". Und das wiederum sind Eisenmeteorite, die aus den Mineralien Kamacit und Taenit bestehen. Ich will jetzt gar nicht auf die mineralogischen und geologischen Details eingehen. Es handelt sich dabei jedenfalls um unterschiedliche Arten, wie Eisen kristallisieren kann, beziehungsweise Mischungen aus Eisen und Nickel. Unterteilt werden die Oktaedrite nach ihrem Nickelgehalt und der Art und Weise, wie groß die Kristallstrukturen sind.

Und das ist mehr als nur der übliche Ordnungssinn der Wissenschaft, die alles einteilt und unterteilt und nach diesem und jenem sortiert. Im Falle von Meteoriten sind die Details der mineralischen Struktur durchaus relevant. Sie sagen uns etwas über die Umstände, unter denen die Metallbrocken entstanden sind. Sie müssen zum Beispiel irgendwann bei ihrer Entstehung mal Temperaturen ausgesetzt gewesen sein, die auf jeden Fall höher als 800 Grad waren. Wie die unterschiedlichen Kristalle sich aus der ursprünglichen gleichmäßig verteilten Eisen-Nickel-Mischung herausbilden, hängt von der genauen chemischen Zusammensetzung und der Temperatur ab. Je höher der Nickelgehalt ist, desto geringer kann die Temperatur sein, bei der sich das Kamacit noch vom Taenit abspaltet. Das geht dann aber langsamer und deswegen werden die Kristallstrukturen schmaler und feiner. Es ist als durchaus wichtig zu wissen, ob man es mit einem "feinen" oder einem "groben" Oktaedrit zu tun hat (oder etwas dazwischen).

Aber da hört die Analyse noch längst nicht auf. 2003 fand man im Muonionalusta das Mineral Stishovit; es war das erste Mal, dass man so etwas in einem Eisenmeteoriten gefunden hatte. Wissenschaftlich gesehen handelt es sich um eine sogenannte "Hochdruck-Modifikation von Quarz". Oder etwas simpler ausgedrückt: Stishovit kann nur entstehen, wenn irgendwo ein sehr hoher Druck herrscht. Gut, wenn ein Meteorit mit einer Geschwindigkeit von ein paar Dutzend Kilometern pro Sekunde auf die Erde prallt, dann herrscht in dem Moment definitiv ein hoher Druck. Und man hatte es zuvor tatsächlich in Einschlagskratern gefunden. Aber im Wald von Kitkiöjärvi ist kein Krater und die Tatsache, dass man so viele Bruchstücke des Meteoriten entdeckt hat deutet darauf hin, dass er noch in der Luft auseinander gebrochen ist. Diese Stücke sind dann wesentlich langsamer zur Erde gefallen und auch das Auseinanderbrechen selbst kann nicht so heftig gewesen sein, um Stishovit entstehen zu lassen.

Um herauszufinden, was da los war, müssen wir jetzt kurz eine allgemeinen Blick auf Eisenmeteorite werfen. Wieso gibt es die eigentlich? Wenn wir uns die vielen Asteroiden anschauen, die durchs Sonnensystem fliegen und die ja genau die Objekte sind, die bei einer Kollision mit der Erde zu den Meteoriten werden, die wir dann aufsammeln können, dann stellen wir fest, dass so gut wie alle davon KEINE Brocken aus Eisen sind. Im Gegenteil, es handelt sich eher um fast schon fluffige Verbindungen aus Gestein, Staub und Eis. Ja, sie enthalten auch Eisen und andere Metalle, aber nur wenig und nicht in Form irgendwelcher großer Brocken sondern in kleinsten Mengen, die überall mit dem Rest des Materials vermischt sind.

Wir müssen noch einen Schritt zurück gehen und auf die Entstehung der Asteroiden selbst schauen. Ganz zu Beginn des Sonnensystems war da ja noch nichts. Nur die junge Sonne und drumherum eine große Wolke aus Gas und Staub. Und mit "Staub" ist hier alles mögliche Zeug gemeint, also alle möglichen chemischen Elemente und Moleküle, nicht der Kram der bei uns zuhause unter dem Sofa liegt. Das hat angefangen, sich zusammenzuballen und immer größere Brocken zu bilden. Also Objekte, die aus einer quasi gleichmäßigen Mischung bestanden, aus Gestein, aus Metall und aus Eis. Und diese größeren Brocken haben sich dann zu noch größeren Brocken zusammengefunden. Und wenn so ein Ding eine gewisse Größe - ein paar hundert Kilometer - überschreitet, dann passiert etwas spannendes. Erstens drückt die ganze Masse ja unter ihrem eigenen Gewicht ja auf den Kern des Objekts und das umso stärker, je mehr Masse da ist. Und zweites waren in der Wolke auch radioaktive Elemente, die bei ihrem Zerfall Energie in Form von Wärme abgeben und davon natürlich auch um so mehr, je größer die Menge diese Elemente ist. Ein ausreichend großes Objekt kann so viel radioaktives Zeug beinhalten und so stark auf seinen eigenen Kern drücken, dass er zu schmelzen beginnt. Das Innere des Brockens wird flüssig und sein Material beginnt sich zu sortieren. Das schwere Zeug, Metalle wie Eisen und Nickel, sinkt in den Kern; das leichtere Gestein bleibt außen. Anders gesagt: Ausreichend große Himmelskörper haben einen metallischen Kern mit einer Gesteinskruste drumherum. Und was passiert, wenn die mit irgendwas kollidieren? Sie brechen auseinander und plötzlich HABEN wir große Metallbrocken, die durch die Gegend fliegen.

Eisenmeteorite wie Muonionalusta sind also die Kerne ehemaliger großer Asteroiden, die es nicht geschafft haben, zu noch größeren Objekten - den Planeten - heran zu wachsen, sondern vorher auseinander gebrochen sind. Das allein ist schon faszinierend genug, aber wir sind noch nicht am Ende. Schaut man sich die mineralische Struktur genau an, kann man herausfinden, wie heiß das Material in der Vergangenheit geworden und wie schnell beziehungsweise langsam es abgekühlt sein muss (denn das hat alles Einfluss auf die Art der Kristallisiation). So kann man auch herausfinden, wie lange es gedauert hat, vom Zeitpunkt der Bildung des metallischen Kerns bis zu dessen Auseinanderbrechen. Man braucht dazu noch ein paar andere Informationen, zum Beispiel die Menge an bestimmten radioaktiven Elementen im Meteorit. Denn solange das Material noch im Kern ist, ist es der radioaktiven kosmischen Strahlung nicht ausgesetzt. Sobald es aber nach dem Auseinanderbrechen frei und ungeschützt durchs All fliegt, wird es plötzlich von allen Richtungen von der überall vorhandenen kosmischen Strahlung bombardiert. Das führt zu nuklearen Reaktionen, die das Verhältnis dieser chemischen Elemente beeinflussen und hört erst auf, wenn der Meteorit auf die Erde gefallen und nun von der Erdatmosphäre vor der Strahlung geschützt ist. Daraus lässt sich also berechnen, wie lange der Himmelskörper nach dem Auseinanderbrechen des ursprünglichen Objekts durch den Weltraum geflogen ist. Und aus den geologischen Umständen des Fundortes und diversen anderen geochemischen Analysen, dem Grad der Verwitterung und so weiter kann man auch herausfinden, wie lange das Ding schon auf der Erde rumliegt.

Wenn man so einen Meteorit ausreichend genau anschaut, kann man also fast seine gesamte Geschichte rekonstruieren. Und die von Muonionalusta ist besonders spannend. Im Jahr 2010 fand eine Analyse des Meteoriten, dass die Bildung des ursprünglichen Objekts von dem er stammt, vor 4,56 Milliarden Jahren begonnen haben muss. So alt war keiner der damals bekannten Meteorite; das war nur ein paar Millionenen Jahr nach dem sich überhaupt die ersten gröberen Brocken aus der ursprünglichen Wolke um die junge Sonne gebildet haben. Muonionalusta hat dann ein paar Milliarden Jahre im Inneren eines größeren Himmelskörpers verbracht, der circa 200 Kilometer groß war. Eine Kollision mit einem anderen Brocken hat dann dazu geführt, dass der metallische Kern dieses Ursprungskörpers frei gelegt wurde. Er ist in mehrere Brocken zerfallen, manche davon noch mit Gestein umgeben, manche nicht. Aus diesen Bruchstücken sind die verschiedenen Eisenmeteorite vom Typ IVA entstanden, die wir heute auf der Erde gefunden haben und die geochemischen Analysen zeigen uns, dass Muonionalusta aus einem "nackten" Eisenbrocken entstanden sein muss, denn nur so konnte er schnell genug abkühlen um die Strukturen zu zeigen, die er hat. Das muss vor ungefähr 400 Millionen Jahren passiert sein und genau bei diesem Ereignis muss auch das Stishovit entstanden sein. Vorher war das nicht möglich, denn dafür war der Ursprungsörper zu klein. Auf die Erde gefallen ist er dann vor circa 800.000 Jahre und hat dann vier Eiszeiten erlebt, bevor er von Amalia und Viktor Carlsson in der skandinavischen Tundra entdeckt wurde.

Es gäbe noch mehr zu erzählen über Muonionalusta und die anderen Meteorite. Sie zeigen uns, wie die Planeten entstanden sind; und was damals im jungen Sonnensystem für Prozesse abgelaufen sind. Welche Vorgänge dazu geführt haben, das aus einer Wolke voll Gas und Staub die großen Planeten wurden, die wir heute sehen können; wir können aus ihnen sogar ablesen, was davor passiert ist; wie die älteren Sterne der Umgebung die gigantische Gaswolke beeinflusst haben, aus der später die Sonne wurde. So ein Stück Metall aus dem Weltraum ist ein Archiv der tiefen Vergangenheit. Im Muonionalusta finden wir die Geschichte des Sonnensystems und auch die Geschichte unseres eigenen Ursprungs.

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Sternengeschichten Folge 521: Der Muonionalusta-Meteorit

Das heutige Thema der Sternengeschichten ist circa 230 Kilogramm schwer, besteht fast komplett aus Eisen und Nickel und ist im Sommer 1906 das erste Mal aufgetaucht. Damals trieben sich die junge Schwedin Amalia Carlsson und ihr zehnjähriger Bruder Viktor im Wald herum, wo sie auf das Vieh ihrer Familie aufpassen sollten. Viktor war ein wenig langweilig, und er vertrieb sich die Zeit damit, herumliegende Steine mit dem Fuß durch die Gegend zu kicken. Einer davon war deutlich schwerer als die anderen und sah auch sehr anders aus. Also nahmen sie ihn mit in ihr Dorf. Von dort gelangte er in die Hände von Hjalmar Lundbohm, einem Geologen aus Kiruna und der stellte fest, dass es sich um einen Meteoriten handelte. Benannt ist er nach dem Ort, an dem er ursprünglich gefunden wurde, der finnischen Dorf Muonio, das 200 Kilometer nördlich des Polarkreises liegt und unmittelbar an der Grenze zu Schweden. Was auch erklärt, wieso er von den Geschwistern Carlsson aus dem schwedischen Dorf Kitkiöjärvi gefunden wurde. Auf jeden Fall lag der Stein aus dem All, "flussabwärts von Muonio", was auf finnisch so viel wie Muonionalusta heißt.

Dieser erste Fund war nur gut 7,5 Kilogramm schwer, aber 1946 wurde beim Bau eines Hauses in Kitkiöjärvi ein zweites Stück des Meteoriten gefunden, mit einem Gewicht von 15 Kilogramm. Ein drittes Stück mit einem Gewicht von 6,2 Kilogramm fand man 1963, beim Bau einer Straße in Kitkiöjärvi. Mittlerweile hat man ein paar Dutzend weitere Stücke gefunden, die insgesamt gut 230 Kilogramm wiegen. Jetzt ist es natürlich immer aufregend, ein Objekt hier unten auf der Erde zu finden, das aus dem Weltall stammt. Aber Meteoriten kann man sich in jedem Naturmuseum ansehen; man kann sie sogar auf Mineralienbörsen und ähnlichen Einrichtungen kaufen; so enorm selten sind sie auch nicht. Warum also eine eigene Folge über einen ganz bestimmten Meteorit, noch dazu einem der einen so komplizierten Namen hat, wie Muonionalusta?

Weil Muonionalusta eben nicht einfach nur irgendein Meteorit ist. Kein Meteorit ist einfach nur irgendein Meteorit, jeder davon erzählt eine ganz eigene Geschichte und die des Muonionalusta ist heute an der Reihe. Dass die ganzen einzelnen Stücke tatsächlich zusammengehören, kann anhand ihrer chemischen Zusammensetzung bestimmen. Es handelt sich dabei um Eisenmeteorite der Klasse IVA, sogenannte "feine Oktaedrite". Und das wiederum sind Eisenmeteorite, die aus den Mineralien Kamacit und Taenit bestehen. Ich will jetzt gar nicht auf die mineralogischen und geologischen Details eingehen. Es handelt sich dabei jedenfalls um unterschiedliche Arten, wie Eisen kristallisieren kann, beziehungsweise Mischungen aus Eisen und Nickel. Unterteilt werden die Oktaedrite nach ihrem Nickelgehalt und der Art und Weise, wie groß die Kristallstrukturen sind.

Und das ist mehr als nur der übliche Ordnungssinn der Wissenschaft, die alles einteilt und unterteilt und nach diesem und jenem sortiert. Im Falle von Meteoriten sind die Details der mineralischen Struktur durchaus relevant. Sie sagen uns etwas über die Umstände, unter denen die Metallbrocken entstanden sind. Sie müssen zum Beispiel irgendwann bei ihrer Entstehung mal Temperaturen ausgesetzt gewesen sein, die auf jeden Fall höher als 800 Grad waren. Wie die unterschiedlichen Kristalle sich aus der ursprünglichen gleichmäßig verteilten Eisen-Nickel-Mischung herausbilden, hängt von der genauen chemischen Zusammensetzung und der Temperatur ab. Je höher der Nickelgehalt ist, desto geringer kann die Temperatur sein, bei der sich das Kamacit noch vom Taenit abspaltet. Das geht dann aber langsamer und deswegen werden die Kristallstrukturen schmaler und feiner. Es ist als durchaus wichtig zu wissen, ob man es mit einem "feinen" oder einem "groben" Oktaedrit zu tun hat (oder etwas dazwischen).

Aber da hört die Analyse noch längst nicht auf. 2003 fand man im Muonionalusta das Mineral Stishovit; es war das erste Mal, dass man so etwas in einem Eisenmeteoriten gefunden hatte. Wissenschaftlich gesehen handelt es sich um eine sogenannte "Hochdruck-Modifikation von Quarz". Oder etwas simpler ausgedrückt: Stishovit kann nur entstehen, wenn irgendwo ein sehr hoher Druck herrscht. Gut, wenn ein Meteorit mit einer Geschwindigkeit von ein paar Dutzend Kilometern pro Sekunde auf die Erde prallt, dann herrscht in dem Moment definitiv ein hoher Druck. Und man hatte es zuvor tatsächlich in Einschlagskratern gefunden. Aber im Wald von Kitkiöjärvi ist kein Krater und die Tatsache, dass man so viele Bruchstücke des Meteoriten entdeckt hat deutet darauf hin, dass er noch in der Luft auseinander gebrochen ist. Diese Stücke sind dann wesentlich langsamer zur Erde gefallen und auch das Auseinanderbrechen selbst kann nicht so heftig gewesen sein, um Stishovit entstehen zu lassen.

Um herauszufinden, was da los war, müssen wir jetzt kurz eine allgemeinen Blick auf Eisenmeteorite werfen. Wieso gibt es die eigentlich? Wenn wir uns die vielen Asteroiden anschauen, die durchs Sonnensystem fliegen und die ja genau die Objekte sind, die bei einer Kollision mit der Erde zu den Meteoriten werden, die wir dann aufsammeln können, dann stellen wir fest, dass so gut wie alle davon KEINE Brocken aus Eisen sind. Im Gegenteil, es handelt sich eher um fast schon fluffige Verbindungen aus Gestein, Staub und Eis. Ja, sie enthalten auch Eisen und andere Metalle, aber nur wenig und nicht in Form irgendwelcher großer Brocken sondern in kleinsten Mengen, die überall mit dem Rest des Materials vermischt sind.

Wir müssen noch einen Schritt zurück gehen und auf die Entstehung der Asteroiden selbst schauen. Ganz zu Beginn des Sonnensystems war da ja noch nichts. Nur die junge Sonne und drumherum eine große Wolke aus Gas und Staub. Und mit "Staub" ist hier alles mögliche Zeug gemeint, also alle möglichen chemischen Elemente und Moleküle, nicht der Kram der bei uns zuhause unter dem Sofa liegt. Das hat angefangen, sich zusammenzuballen und immer größere Brocken zu bilden. Also Objekte, die aus einer quasi gleichmäßigen Mischung bestanden, aus Gestein, aus Metall und aus Eis. Und diese größeren Brocken haben sich dann zu noch größeren Brocken zusammengefunden. Und wenn so ein Ding eine gewisse Größe - ein paar hundert Kilometer - überschreitet, dann passiert etwas spannendes. Erstens drückt die ganze Masse ja unter ihrem eigenen Gewicht ja auf den Kern des Objekts und das umso stärker, je mehr Masse da ist. Und zweites waren in der Wolke auch radioaktive Elemente, die bei ihrem Zerfall Energie in Form von Wärme abgeben und davon natürlich auch um so mehr, je größer die Menge diese Elemente ist. Ein ausreichend großes Objekt kann so viel radioaktives Zeug beinhalten und so stark auf seinen eigenen Kern drücken, dass er zu schmelzen beginnt. Das Innere des Brockens wird flüssig und sein Material beginnt sich zu sortieren. Das schwere Zeug, Metalle wie Eisen und Nickel, sinkt in den Kern; das leichtere Gestein bleibt außen. Anders gesagt: Ausreichend große Himmelskörper haben einen metallischen Kern mit einer Gesteinskruste drumherum. Und was passiert, wenn die mit irgendwas kollidieren? Sie brechen auseinander und plötzlich HABEN wir große Metallbrocken, die durch die Gegend fliegen.

Eisenmeteorite wie Muonionalusta sind also die Kerne ehemaliger großer Asteroiden, die es nicht geschafft haben, zu noch größeren Objekten - den Planeten - heran zu wachsen, sondern vorher auseinander gebrochen sind. Das allein ist schon faszinierend genug, aber wir sind noch nicht am Ende. Schaut man sich die mineralische Struktur genau an, kann man herausfinden, wie heiß das Material in der Vergangenheit geworden und wie schnell beziehungsweise langsam es abgekühlt sein muss (denn das hat alles Einfluss auf die Art der Kristallisiation). So kann man auch herausfinden, wie lange es gedauert hat, vom Zeitpunkt der Bildung des metallischen Kerns bis zu dessen Auseinanderbrechen. Man braucht dazu noch ein paar andere Informationen, zum Beispiel die Menge an bestimmten radioaktiven Elementen im Meteorit. Denn solange das Material noch im Kern ist, ist es der radioaktiven kosmischen Strahlung nicht ausgesetzt. Sobald es aber nach dem Auseinanderbrechen frei und ungeschützt durchs All fliegt, wird es plötzlich von allen Richtungen von der überall vorhandenen kosmischen Strahlung bombardiert. Das führt zu nuklearen Reaktionen, die das Verhältnis dieser chemischen Elemente beeinflussen und hört erst auf, wenn der Meteorit auf die Erde gefallen und nun von der Erdatmosphäre vor der Strahlung geschützt ist. Daraus lässt sich also berechnen, wie lange der Himmelskörper nach dem Auseinanderbrechen des ursprünglichen Objekts durch den Weltraum geflogen ist. Und aus den geologischen Umständen des Fundortes und diversen anderen geochemischen Analysen, dem Grad der Verwitterung und so weiter kann man auch herausfinden, wie lange das Ding schon auf der Erde rumliegt.

Wenn man so einen Meteorit ausreichend genau anschaut, kann man also fast seine gesamte Geschichte rekonstruieren. Und die von Muonionalusta ist besonders spannend. Im Jahr 2010 fand eine Analyse des Meteoriten, dass die Bildung des ursprünglichen Objekts von dem er stammt, vor 4,56 Milliarden Jahren begonnen haben muss. So alt war keiner der damals bekannten Meteorite; das war nur ein paar Millionenen Jahr nach dem sich überhaupt die ersten gröberen Brocken aus der ursprünglichen Wolke um die junge Sonne gebildet haben. Muonionalusta hat dann ein paar Milliarden Jahre im Inneren eines größeren Himmelskörpers verbracht, der circa 200 Kilometer groß war. Eine Kollision mit einem anderen Brocken hat dann dazu geführt, dass der metallische Kern dieses Ursprungskörpers frei gelegt wurde. Er ist in mehrere Brocken zerfallen, manche davon noch mit Gestein umgeben, manche nicht. Aus diesen Bruchstücken sind die verschiedenen Eisenmeteorite vom Typ IVA entstanden, die wir heute auf der Erde gefunden haben und die geochemischen Analysen zeigen uns, dass Muonionalusta aus einem "nackten" Eisenbrocken entstanden sein muss, denn nur so konnte er schnell genug abkühlen um die Strukturen zu zeigen, die er hat. Das muss vor ungefähr 400 Millionen Jahren passiert sein und genau bei diesem Ereignis muss auch das Stishovit entstanden sein. Vorher war das nicht möglich, denn dafür war der Ursprungsörper zu klein. Auf die Erde gefallen ist er dann vor circa 800.000 Jahre und hat dann vier Eiszeiten erlebt, bevor er von Amalia und Viktor Carlsson in der skandinavischen Tundra entdeckt wurde.

Es gäbe noch mehr zu erzählen über Muonionalusta und die anderen Meteorite. Sie zeigen uns, wie die Planeten entstanden sind; und was damals im jungen Sonnensystem für Prozesse abgelaufen sind. Welche Vorgänge dazu geführt haben, das aus einer Wolke voll Gas und Staub die großen Planeten wurden, die wir heute sehen können; wir können aus ihnen sogar ablesen, was davor passiert ist; wie die älteren Sterne der Umgebung die gigantische Gaswolke beeinflusst haben, aus der später die Sonne wurde. So ein Stück Metall aus dem Weltraum ist ein Archiv der tiefen Vergangenheit. Im Muonionalusta finden wir die Geschichte des Sonnensystems und auch die Geschichte unseres eigenen Ursprungs.

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