Artwork

Sisällön tarjoaa Nils Müller and Zwischen zwei Deckeln. Nils Müller and Zwischen zwei Deckeln tai sen podcast-alustan kumppani lataa ja toimittaa kaiken podcast-sisällön, mukaan lukien jaksot, grafiikat ja podcast-kuvaukset. Jos uskot jonkun käyttävän tekijänoikeudella suojattua teostasi ilman lupaasi, voit seurata tässä https://fi.player.fm/legal kuvattua prosessia.
Player FM - Podcast-sovellus
Siirry offline-tilaan Player FM avulla!

081 – „Die Unterwerfung“ von Philipp Blom

1:15:25
 
Jaa
 

Manage episode 443286122 series 2506947
Sisällön tarjoaa Nils Müller and Zwischen zwei Deckeln. Nils Müller and Zwischen zwei Deckeln tai sen podcast-alustan kumppani lataa ja toimittaa kaiken podcast-sisällön, mukaan lukien jaksot, grafiikat ja podcast-kuvaukset. Jos uskot jonkun käyttävän tekijänoikeudella suojattua teostasi ilman lupaasi, voit seurata tässä https://fi.player.fm/legal kuvattua prosessia.

In dieser Episode nehmen wir das Buch „Die Unterwerfung“ von Philipp Blom unter die Lupe, in dem er die Entwicklung einer Idee beleuchtet, die das Denken der Menschheit bis heute prägt: Die Vorstellung, dass es unsere zentrale Aufgabe sei, uns die Welt untertan zu machen. Blom führt diese Sichtweise bis zu den Anfängen der abrahamitischen Religionen zurück und zeigt, wie sie über das Christentum und die Aufklärung bis hin zur wissenschaftlichen Revolution und in den modernen Kapitalismus getragen wurde.

Shownotes

weitere Folgen und Literatur:

Transkript

Music:
[0:00] Music

Christoph:
[0:15] Herzlich willkommen zur Folge 81 von Zwischen zwei Deckeln, eurem Sachbuch-Podcast. Mein Name ist Christoph und ich habe heute Nils mit dabei.

Nils:
[0:23] Hallo zusammen.

Christoph:
[0:25] Ja, wir haben in dem Vorgeplänkel festgestellt, dass das quasi fast schon für euch HörerInnen ein neues Duo sein dürfte, nachdem wir diesen Podcast vor Jahren mal gestartet haben zu zweit, sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass wir dieses Jahr, glaube ich, noch gar nicht aufgenommen haben zu zweit. Von daher ist es zumindest für 2024 ein kleines Novum. Schön, dass es mal wieder klappt.

Nils:
[0:45] Ja, freut mich auch.

Christoph:
[0:47] Ja, was treibt dich gerade um? Womit beschäftigst du dich? Wie ist dein Jahr verlaufen? Ich weiß gar nicht, wie groß ich die Frage formulieren soll.

Nils:
[0:56] Ja, in der Größe der Frage muss ich immer mal überlegen, wo ich anfange sozusagen. Ja, was mich akut beschäftigt, ist, ich schraube mal wieder an Webseiten rum, wie man das so tut. Wenn man gerne an Webseiten rumschraubt, man nutzt jede Gelegenheit, das auch zu tun. Ich hatte ja irgendwie in der Folge mit Amanda schon mal angekündigt, dass ich wieder ein bisschen mehr auch ins Schreiben kommen will. Und dafür schaffe ich mir gerade die Strukturen und baue meine Webseite mal wieder so ein bisschen irgendwie auf andere Strukturen um, dass ich dann so ein bisschen da dann reinarbeiten, reinschreiben kann. Weil ich ja auch immer so ein bisschen nicht einfach irgendwas mache, sondern versuche so ein bisschen, ja, so einen Denkraum zu machen. Also, dass man mir sozusagen ein bisschen auch beim Denken zugucken kann in meinem Schreiben. Und so mit diesen vernetzten Notizen, Verlinkungen, Zettelkasten und da habe ich jetzt gerade mal ein neues Format für eine Webseite, wo ich meinen Weltenkreuzer gerade bei bin, umzustellen, was auch. Ja, aber wahrscheinlich gar nicht so weit weg mehr dann tatsächlich auch online gehen wird.

Christoph:
[1:51] Ah, wie schön. Ja gut, vielleicht nehmen wir dich dann mal wieder in die Shownotes auf, oder? Damit unsere Hörer… Ja, können wir gerne machen. Das ist weltenkreuzer.de, ich vergesse es noch. Genau. Ja, weltenkreuzer.de. Also da könnt ihr dann Nils demnächst wieder mehr beim Denken zugucken, zulesen, wie auch immer man das formulieren möchte. Ja, freue ich mich drauf.

Nils:
[2:12] Was steht bei dir an?

Christoph:
[2:14] Tatsächlich im Zuge der Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern arbeite ich mal an meinem Ostverständnis momentan bzw. An meinem Wissensbestand dazu und lese dazu gerade irgendwie Artikel, wenn sie passen. Dadurch, dass ich beim Deutschen Gewerkschaftsbund arbeite, ist das bei uns auch Thema, weil alle Politik interessiert sind. Also so in der Wochenplanung ist es einfach immer Thema, wie die Wahlergebnisse so waren. Aber die Bezirke beim DGB sind auch nach Möglichkeit immer so zusammengebaut, dass ein westdeutsches und ein ostdeutsches Bundesland zusammengepackt sind. Das heißt, bei uns ist das Niedersachsen-Sachsen-Anhalt zusammen. Und das heißt, es gibt da einfach immer eine direkte Arbeitsverknüpfung im Prinzip. Spannend. Genau, deswegen ist das gerade sowas. Ich habe gerade Ungleichverein von Steffen Mau als Hörbuch gehört. Das gibt es auf Spotify für diejenigen von euch, die das gerne mal hören möchten. Und dann sind es irgendwie auch nur viereinhalb Stunden oder so. Also auch nicht mehr als ein sehr langer Podcast. Ungekürzt? Ja, soweit ich weiß, ist es ungekürzt. Oh, krass.

Nils:
[3:24] Cool.

Christoph:
[3:25] Genau, und so ist das gerade bei mir, das ist so mein Thema momentan und ansonsten fahre ich in der nächsten Woche in den Urlaub und da freue ich mich sehr drauf und habe natürlich auch ganz, ganz viele Bücher im Gepäck und freue mich sehr aufs Lesen.

Nils:
[3:39] Also anders gesagt, wenn ihr diese Episode hört, ist Christoph schon im Urlaub, wenn ich das richtig verstanden habe.

Christoph:
[3:44] Ja, ja, genau, stimmt.

Nils:
[3:46] Also wenn ihr sie bei Erscheinen hört.

Christoph:
[3:48] Dann bin ich schon längst weg. Ja, genau, so ist es bei mir. Du hast uns heute ein Buch von Philipp Blom mitgebracht. Der ist ein Schriftsteller, Historiker, Journalist und Übersetzer, so wie es hier in den Notizen steht. Und das Buch heißt Die Unterwerfung. und wir haben beide auch im Vorgespräch gesagt, wir kennen den irgendwie eigentlich nicht so richtig und dann hast du mich darauf hingewiesen, dass der aber irgendwie jedes Jahr ein Buch schreibt und die auch gar nicht unbedingt so mega kurz sind. Also von daher bin ich sehr gespannt, was du uns mitgebracht hast und ich freue mich auf die Kurzzusammenfassung.

Nils:
[4:26] Ja, sehr gerne. In seinem Buch Die Unterwerfung zeichnet Philipp Blom die Geschichte der Idee nach, es sei die zentrale Aufgabe des Menschen, sich die Welt zu unterwerfen. Die Grundlagen dieses Narrativs sieht Blom in der Entstehung des Judentums, von wo aus es besonders über das Christentum, Aufklärung, Kolonialismus und wissenschaftliche Revolution in den gegenwärtigen Kapitalismus getragen wurde. Eine zentrale Rolle spielten dabei die Denker, die heutzutage als philosophischer Kanon gelten und die es schafften, die neuen Ideen zu integrieren und nutzbar zu machen, ohne gleichzeitig die grundlegende Überlegenheit der Menschen über die Natur infrage zu stellen.

Christoph:
[5:05] Das klingt extrem gut. Ich bin sehr gespannt, wie man diese Bögen so zieht und wie man das so auch in der Erzählung jetzt gleich strukturiert. Das klingt für mich nicht ganz trivial, das vielleicht so zusammenzufassen. Ich wünsche dir viel Erfolg.

Nils:
[5:19] Ich habe mir tatsächlich überlegt, dass ich euch erstmal den groben Bogen gebe und wir dann so ein bisschen in die Details natürlich nicht die ganz kleinen Details reingehen, dass ich euch erstmal grob durch die Argumentation führe und dann so ein bisschen nochmal ausführlicher mitnehme. Das ist, glaube ich, ein ganz guter Ansatz. Grundsätzlich, was Blo macht, er beschreibt im Grunde immer so, er nennt das nicht so, aber es las sich für mich so Kristallisationspunkte, so Kerne irgendwie, als Kern der Weltsicht, die die Ausbeutung der Natur rechtfertigen. Also er hat irgendwie so historisch, er macht das nie so richtig explizit, aber es zieht sich durch das Buch durch, so verschiedene Punkte, wo er sagt und jetzt ist das dasjenige, was das was das rechtfertigt. Und dabei sind diese Kerne immer, bewegen sich so gefühlt immer weiter weg vom Menschen, also von der direkten Verbindung zur Natur. Also sie machen die Trennung eigentlich immer stärker. Und sie sind in ihrer Konsequenz immer voller Widersprüchlichkeiten.

Nils:
[6:16] Die dann irgendwie, mit denen man umgehen muss. Und das ist das, was ich gerade im DL angesprochen habe, die Denker, die das irgendwie vereinbart gekriegt haben, diese Widersprüchlichkeiten. Das sind die, die wir heute als Kanon verstehen. Also wir haben im Grunde keine echten ideengeschichtlichen Brüche in diesem Prozess drin. Aber, das sagt er auch, das zeigt er an ein, zwei Stellen auch mal an ganz schönen Beispielen auf, es gab immer auch andere intellektuelle Strömungen. Die haben sich nur halt nicht durchgesetzt, sind vereinzelt heute durchaus bekannt, aber immer so als die Underdogs, die sich nicht durchsetzen konnten. So Stichwort Spinoza oder Montaigne, die man heute kennt, die auch immer mal wieder hervorgeholt werden, aber die jetzt nicht so Teil des großen, Teil des großen Skanos sind.

Christoph:
[6:59] Das ist eher so zweite Reihe der Philosophiegeschichte quasi.

Nils:
[7:02] Ja, exakt. Und für ihn ist einer der Gründe dafür, dass sie eben auf diese Widersprüche hingewiesen haben, dass sie die explizit gemacht haben und nicht weitergebaut haben. Und das finde ich auch was Schönes, wenn man diesen Gedanken auch ins Heute überträgt, da findet man dieses Muster ja auch wieder sehr schön. Aber dazu vielleicht am Ende der Folge. Den Anfang, den sieht er tatsächlich in den, ja, abrahamitischen Religionen, sagen wir erstmal ganz allgemein, also in unserem westlichen religiösen Kontext, wo es als erstes im Grunde um die göttliche Seele und den schmutzigen Körper ging.

Christoph:
[7:41] Die körperliche Seele und den schmutzigen Körper.

Nils:
[7:44] Genau, also da gehen wir gleich ein bisschen ins Detail, aber so Stichwort Augustinus, wo es dann eben darum geht, die Triebe zu beherrschen, sich selbst unter Kontrolle zu haben, sich nicht eben von dem schmutzigen, in Anführungszeichen, Körper beherrschen zu lassen, sondern den Körper zu kontrollieren, Askese zu leben. Also diese Art von innerem Konflikt, also jetzt noch gar nicht Beherrschung nach außen, sondern Beherrschung im Inneren der Seele, die den Körper beherrscht, was damit dann einhergeht, dann sich im Laufe der Zeit entwickelt, dass das sich eben auch ein bisschen nach außen richtet und dass dann aber vor allen Dingen nach und nach Machtkonflikte religiös aufgeladen werden. Also das ist auf einmal, wenn ich irgendwie eine, dass diese Gewalt, also dass das vermählt wird mit Gewalt gegen sich selber, Gewalt gegen andere, Herrschaft über andere und das ist jetzt nicht mehr nur ich bin stärker, sondern das ist das moralisch Richtige.

Christoph:
[8:43] Mhm, okay, ja.

Nils:
[8:46] So, weil die können sich nicht beherrschen, deswegen beherrsche ich sie, weil die Beherrschung ist das moralisch Richtige. Also da kommt diese Vermischung von Beherrschung und Moral ganz stark ins Spiel. Sie bringt aber einen Konflikt mit. Sie bringt nämlich den Konflikt mit, dass Moral und Grausamkeit auf einmal irgendwie übereingebracht werden müssen. Das ist ja so eine Kernfrage auch im Grunde in der christlichen Religion. Wo kommt das Böse her? Wenn wenn Gott es doch gut meint, also jetzt sehr salopp formuliert, ähm, Und diese Spannung trägt sich im Grunde immer weiter durch. Die wird nie wirklich aufgelöst.

Christoph:
[9:26] Okay, ja, ja.

Nils:
[9:27] Also das ist so ein bisschen der Ausgangspunkt, eben dieser religiöse Akt, dass die Seele das Göttliche ist und das irgendwie über allem zu stehen hat. Vor allen Dingen eben über dem Körper sozusagen. Und dass das dann irgendwie auch dann dahin geht, dass dann Eroberungen, die haben dann mit Herrschaft zu tun, das wird dann eben auch moralisch aufgeladen. Dann kommt das, was wir Aufklärung nennen oder Renaissance und Aufklärung, das vermischt sich ja immer so ein bisschen, auch wenn es ein paar hundert Jahre auseinander liegt und das löst ja im Grunde diese Idee der Seele von Gott. Was sie im Kern aber macht, ist, setzt die Vernunft an die Stelle der Seele mit mehr oder weniger denselben Konsequenzen.

Christoph:
[10:09] Magst du das noch ein bisschen ausführen? Ich glaube, das hat sich für mich noch nicht ganz direkt erschlossen.

Nils:
[10:14] Kann ich kurz machen. Wie gesagt, wir gehen nachher noch ein bisschen ausführlicher in die Themen rein. Aber die Seele ist ja jetzt das spezifisch Menschliche, was den menschlichen Fleischkörper zum Menschen macht, sozusagen. Das ist ja so ein bisschen die Idee. und was die Vernunft macht, was die Aufklärung vor allen Dingen macht, ist, es ist halt nicht mehr die Seele, es ist nicht irgendetwas so, aber es gibt immer noch etwas, was spezifisch menschlich ist, nämlich die Vernunft. Und damit ist es jetzt die Vernunft, die den belebten, Fleischsack zum Menschen macht. Ich formuliere es jetzt mal ein bisschen konsequent und im Grunde ändert sich strukturell an der Stelle nichts.

Christoph:
[10:57] Ja okay, wir sind immer noch die besonderen Tiere, nur wir haben jetzt eine andere Begründung.

Nils:
[11:01] Genau, exakt. Was halt passiert, was jetzt vor allen Dingen so, Stichwort René Descartes, was er halt macht, ist diese klare Trennung von Geist und Körper. Körper. Sozusagen es gibt eine immaterielle Welt und es gibt eine materielle Welt und die materielle Welt ist das der Wissenschaft, das ist das, was wir beherrschen können, worüber wir.

Nils:
[11:27] Erklären können, was wir steuern können, was wir kontrollieren können. Das ist so ein bisschen die Spielwiese der Vernunft und dann haben wir irgendwie die interne Welt. Das ist halt die Religion. Also so diese Trennung, das ist das, was ich meine. Es bringt diese Welten irgendwie zusammen, auch wenn sie nicht zusammenpassen. Ich muss nicht die religiösen Überzeugungen, diese moralische Aufladung hinterfragen, nur weil ich auf einmal der Wissenschaft hinterherlaufe. So, das ist so ein bisschen hier ein Move, wo das passiert. Was dann passiert, weil es eben immer auch um Beherrschung von anderen Menschen geht. Wir sind immer auch bei der Gewaltausübung gegen andere Menschen. Da fällt dann irgendwann im Prozess der Aufklärung vor allen Dingen Religion als Rechtfertigungsgrund weg. Weil man merkt, ja, nur weil jemand nicht nicht christlich ist, heißt das nicht, dass er irgendwie weniger wert und so. Was dafür dann ins Spiel kommt, ist die Hautfarbe. Na klasse, wäre super. Ja, genau. Wir haben das sozusagen ersetzt. Wir haben da ein anderes Anlage gefunden und das fällt auch gut zusammen so mit dem Aufkommen dieser Erzählung von den Wilden, von den Unzivilisierten, den Unvernünftigen. Das sind eben die, die sich selber und die Natur um sich herum nicht beherrscht kriegen, in Anführungszeichen, weil die es nicht tun.

Christoph:
[12:37] Ja, okay. Und zu dieser Erzählung gehört ja auch eine Pseudowissenschaftlichkeit, ne? Mhm. Genau. Die natürlich völlig verfehlt ist, aber da ja trotzdem als Legitimations… Legitimationsgrund mit reinspielt.

Nils:
[12:52] Genau, das kommt dann tatsächlich auch im nächsten Schritt. Ich wollte noch kurz den Bogen spannen zum Buch Anfänger von David Draper, was ich ja auch hier vorgestellt habe, wo er im Grunde genau die Herkunft auch dieser Erzählung der Unzivilisierten, der Wilden, wo er das auch ein bisschen rausarbeitet. Der Bogen, den das Buch macht, ist genau der Bogen, den du auch gemacht hast gerade. Das ist im Grunde das Fortschreiten von Vernunft zur Wahrheit, also dass man sozusagen aus der menschlichen Vernunft eine objektivierbare Wahrheit macht, das also sozusagen auslagert aus dem Menschen, irgendwie rausversetzt und damit natürlich auch nochmal im Grunde so einen neuen, Kristallisationskern schafft, weil jetzt ist was die Wissenschaft sagt und die Wissenschaft erlaubt es uns, das zu kontrollieren und deswegen kontrollieren wir das jetzt so. Da sind wir schon gar nicht mehr so weit weg von den Weltbildern, die wir heute so haben und da kommt dann eben auch genau das ins Spiel, was du gerade angesprochen hast, Rechtfertigung, Rassenkunde, Eugenik, auch natürlich Natürlich ein Sexismus, Frauenfeindlichkeit, die ja auch da teilweise herkommt, wo es eben auch dann wieder genau darum geht, auch gesellschaftliche Machtstrukturen mit diesem Kristallisationskern sozusagen in Einklang zu bringen, um diese Spannung wieder aufzulösen.

Christoph:
[14:02] Ja, okay.

Nils:
[14:03] Zu rechtfertigen, warum behandeln wir die Schwarzen so schlecht? Ja, weil unsere Rassen, in Anführungszeichen, Wissenschaft sagt und so weiter und so fort. Und dann gibt es aber noch einen letzten Schritt nach dem wissenschaftlichen, das ist der Kapitalismus. Und da sagt jetzt Blom, und das finde ich auch nicht völlig unschlüssig, gibt erstmal der Schritt zu Markt und Konsum als moralischem Gut. gut. Also jetzt ist auf einmal konsumiere, besitze und das ist irgendwie die moralische Aufwertung, das ist die Herrschaft über die Welt, die Kontrolle über die Welt. Das hat dann auch seinen Bezug zu Hartmut Rosa auf einmal, der da ins Spiel kommt. Aber jetzt werden die Widersprüche immer deutlicher. Oder vielleicht nicht deutlicher, aber sie kommen uns nochmal entgegen, weil wir jetzt merken, in dem, was wir sagen, so dieses Vernünftige, das Wissenschaftliche, dieses Kontrollierende, darin sind Maschinen besser als wir.

Nils:
[15:24] Ja, ja, ja. die meisten Menschen ausbeuten. Also Stichwort Aufmerksamkeitsökonomie, dass man halt jetzt nicht mehr die Ressource der Natur ausbeutet, sondern die Ressourcen der Menschen, nämlich zum Beispiel ihre Aufmerksamkeit, im Rahmen von so Internetdingen, YouTube-Werbung, Algorithmik und so weiter und so fort, die Leute eben an die Aufmerksamkeit zu binden und diese dann eben als Ressource weiter auszubeuten.

Christoph:
[15:51] Ja, okay, also ich meine, Ich meine, also Naturausbeutung im Sinne von Energieproduktion steht ja trotzdem weiterhin dahinter. Also die Energieaufwendungen sind ja groß, aber die läuft sicherlich einfach nur noch quasi peripher mit. Also sie ist eine Notwendigkeit und nicht mehr das, womit man den Wert schöpft.

Nils:
[16:06] Und sie ist ja auch ein bisschen rückläufig in ihrer Tendenz. Also sie fängt zumindest an, langsamer zu wachsen, wenn nicht sogar so ganz, ganz langsam an eventuell auch zurückzugehen.

Christoph:
[16:17] Ja und wir also der Gesamtenergieverbrauch ist ja immer noch enorm hoch, aber wir, zumindest ökologisieren wir ihn ein Stückweise, ne? Genau Mal gucken, lass uns in zehn Jahren nochmal sprechen, mal gucken, wie gut das dann geklappt hat, aber wenn man möchte, kann man an positive Kipppunkte glauben aber ja, okay, ich verstehe den Punkt der unterschiedlichen Art der Ausbeutung, das ergibt Sinn Genau So,

Nils:
[16:43] Das war im Grunde der große Bogen.

Christoph:
[16:47] Durch das Buch.

Nils:
[16:48] Der ist jetzt vielleicht klarer geworden, hoffe ich, bei dir.

Christoph:
[16:53] Ja, ich glaube schon, genau. Das ist dann ein kleiner Parfumsritt, von daher freue ich mich auf die Details, aber ja, ich glaube, der große Bogen ist soweit klar.

Nils:
[17:02] Genau. So, jetzt springen wir sozusagen wieder zurück an den Anfang und gucken uns mal die Entstehung sozusagen dieses Mythos an. Erstmal geht Blom so ein bisschen darauf ein, was mit vorgeschichtlichen, prähistorischen, wie man es üblicherweise nennt, Gesellschaften war, die natürlich für ihren Lebensunterhalt extrem auf eine enge Beziehung zur Natur angewiesen waren, in irgendeiner Form. Er ist da aber so ein bisschen angenehm offen, er legt sich da nicht fest, dass er sagt, es kann durchaus sein, dass dieser fehlende Hinweis darauf, dass sie das systematisch unterwerfen wollten oder dass das Teil der Mythologie war, die Welt zu unterwerfen, dass das gar nicht irgendwie ein moralischer Punkt war, sondern dass es einfach sich aus fehlender technischer Reichweite ergab. So, die hatten gar nicht das Gefühl, das zu können oder konnten gar nicht daran denken, das eventuell zu können, deswegen haben sie es nicht gemacht. So, also der stellt sich so ein bisschen dagegen, so damals waren die Menschen noch irgendwie gut und haben irgendwie so den, haben im Einklang mit der Natur gelebt oder so, sondern ja gut, die hätten auch gar nicht gewusst, wie sie es anders tun sollen, insofern ist das nicht so überraschend. Das fand ich einen schönen kleinen Punkt an der Stelle.

Nils:
[18:13] Jetzt ist noch so ein bisschen die Frage, wo ist es dann hergekommen und da hat Blom ein interessantes Argument, das ich mit ein bisschen Vorsicht wiedergebe, weil ich mich einfach in dem Bereich viel zu wenig auskenne, um auch nur ansatzweise einschätzen zu können, was an diesem Argument dran ist und weil man es, wenn man es bewusst, wenn man es missverstehen will und man kann es auch missverstehen, auch als antisemitisch lesen könnte. Deswegen gebe ich das hier vorweg.

Christoph:
[18:44] Ich habe auch keine Expertise im Feld. Also genau, ich werde zuhören und kann es, glaube ich, aber auch nicht einordnen.

Nils:
[18:50] Also Ausgangsposition ist Bloms Behauptung, die würde ich jetzt vermutlich zustimmen, weil es wäre wissenschaftlich leicht zu überprüfen, dass ein Großteil der jüdischen Bibel, also der Tora, vor allen Dingen zusammengestellt wurde und formalisiert wurde, als eben die jüdischen Exzellenten in Babylon lebten. So, also im Exil. Das der Punkt war, wie schreibt er, im babylonischen Exil wurden die Judäer zu Juden, nicht nur weil die Erfahrung des Exils so untrennbar mit der jüdischen Geschichte verbunden war, sondern auch, weil die verbannte Elite sich dran machte, die schriftlich und mündlich überlieferten Traditionen ihres Volkes zu sammeln, auszuwählen und in einer kanonischen Version festzulegen.

Christoph:
[19:32] Mhm. Also ein Identitätsbildungsprozess. Genau.

Nils:
[19:37] Also da würde ich jetzt mal behaupten, das ist wahrscheinlich, also das klingt für mich, als wäre es etablierter Stand der Wissenschaft, weil das wäre sonst sehr leicht zu widerlegen. Und was er interpretiert ist, dass diese Situation ist eine Situation der Machtlosigkeit. Das ist eine Situation, in der die Judäer, die Vorjuden sozusagen, oder Juden, ich weiß nicht genau, wie da die Bezeichnung ist, machtlos waren oder sich machtlos fühlten und so weit weg davon waren, sich die Welt zu unterwerfen, wie man es sich nur vorstellen kann.

Christoph:
[20:07] Ja, ja. Ja.

Nils:
[20:08] So. Und jetzt bringe ich wieder ein Zitat, damit ich das nicht falsch wiedergebe. Die Ambition, sich die Erde untertan zu machen, war eine Fantasie, eine rhetorische Position, die vielleicht ermutigen sollte oder aus Trotz heraus formuliert wurde, die aber keiner Wirklichkeit entsprach. Die Bibel wurde nicht nur die Heimat eines Volkes, sondern auch ein imaginärer Ort, an dem sie jemand anders sein konnten. Nicht mehr Sklaven und Exzellenten, sondern Herren im eigenen Haus.

Christoph:
[20:34] Okay. Ja.

Nils:
[20:35] So. Diese… der Wahrheit dieser Aussage hängt eine ganze Menge Argumentation des kompletten Buches. Deswegen habe ich die jetzt hier so ein bisschen ausführlicher dargestellt. Ich finde das ein sehr spannendes Argument. Ich finde das jetzt aus seinem Reihen, ich lese das ohne mich in der historischen, auch nicht ganz unplausibles Argument, weil solche Mechanismen kennen wir historisch aus anderen Positionen. Finde ich einen super spannenden Punkt, dass im Grunde diese Unterwerfung, der sagt das hier, ob das jetzt als Pep-Talk oder als Trotz gedacht war, können wir nicht rekonstruieren. Aber dass das im Grunde so ein bisschen der Ursprung ist dessen, was wir jetzt noch erleben.

Christoph:
[21:17] Ja, ich meine, also so, also ich will nicht sagen, dass er monokausal erklärt, aber es hat ja also einen monokausalisierenden Erklärungsansatz vielleicht so. Da bin ich natürlich erstmal per se skeptisch, weil das kann offensichtlich nicht alles erklären. Aber natürlich so ideengeschichtlich Gedanken zurückverfolgen hat schon einen gewissen Reiz. Das kann schon sehr interessant sein.

Nils:
[21:44] Also es geht jetzt, er sagt auch nicht, das war daraus, sondern es ist so die Quelle und dann ist natürlich immer noch ganz historisch passiert, dass das zur global dominanten Form werden könnte. Da geht er auch noch sehr ins Detail und zeigt das an etlichen Stellen auch noch, finde ich, sehr schlüssig auf, aber das fand ich so als Ursprung dieser Idee, fand ich das sehr, sehr spannend. Genau, dann geht er auch schon relativ zügig weiter ins Christentum, weil das ist der eigentliche Punkt. Er geht ja nur von diesem Anker aus, aber der eigentliche Träger dieser Idee ist dann das Christentum, weswegen ich da auch so ein bisschen wenig den Vorwurf des Antisemitismus reinlegen würde, weil danach sind es alles die Christen. Und da geht er dann irgendwie zu, bis hin zu Augustinus, wo dann eben genau das passiert, dass, Augustinus eben auch schon anfängt, einen klaren Unterschied zu machen zwischen Mensch und dem Rest der Natur und vor allen Dingen eben diese innere Spaltung sozusagen zwischen Seele und Körper irgendwie aufmacht und die Unterdrückung dieser biologischen Impulse, dieser natürlichen Aspekte, dass das irgendwie, die Seele ausmacht, dass das irgendwie Kern der christlich-religiösen Praxis sozusagen ist.

Christoph:
[23:06] Wo sind wir da so zeitlich? Das muss irgendwie, keine Ahnung, 300, 400 irgendwas nach Christi sein, ne?

Nils:
[23:13] Da bin ich jetzt auch überfraglich.

Christoph:
[23:15] Ehrlich gesteht. Ich habe mir keine Jahreszahlen aufgeschrieben.

Nils:
[23:18] Augustinus von Hippo, ja genau, viertes Jahrhundert.

Christoph:
[23:21] Okay, das ist schon ein bisschen länger her, ja.

Nils:
[23:24] Ja, ja, wir sind noch sehr früh. Wir machen gleich aber kräftige zeitliche Sprünge. Und da kam dann eben diese göttliche Überlegenheit, diese Dominanzidee. Was da dann ins Spiel kam, war halt die Vermischung von der Ausweitung des Reiches, gerade des römischen Reiches an der Stelle noch, und der moralischen Überlegenheit. Also dass im Grunde die weltliche Herrschaft ganz eng irgendwie mit religiöser Herrschaft oder spiritueller Herrschaft verbunden wurde. Und dann auf einmal eben auch im Grunde zwangsläufig ergibt, dass irgendwie diese Logik entsteht, was im Namen der Kirche geschieht, ist Gottes Wille. Und damit, weil im Namen der Kirche Gewalt geschieht, wird Gewalt zu Gottes Wille und damit wird eben Gewalt und Unterwerfung zu einer moralischen Aufgabe. So. Das war so ein bisschen die Position. Leider haben wir dann nicht viel, was er macht, zu dem, was man üblicherweise Mittelalter nennt. Das ist halt dann ein Prozess, der sich einfach im Laufe der Jahrhunderte immer weiter verfestigt, immer weiter etabliert. Und dann springt er im Grunde ins 16. Jahrhundert ungefähr. Also in das… Oh, okay.

Christoph:
[24:42] Wir überspringen gute tausend Jahre. Ja, genau.

Nils:
[24:45] Ja, das ist, wie gesagt, da gibt es auch viele Texte, die da auch nochmal genauer reingucken in die Zeit, gerade auch was Religion und Bildung in der Zeit, da gibt es von John Frehley, heißt er, glaube ich, ein gutes Buch, Aristoteles in Oxford, wo er irgendwie zeigt, was in dem, was wir üblicherweise im Mittelalter nennen, so an Grundlagen gelegt wurde, dafür, dass wir sowas wie Wissenschaft und Aufklärung und Renaissance und sowas überhaupt haben konnten.

Nils:
[25:09] Fehle ich in dem Kontext auch sehr zum Lesen, ist aber jetzt auch schon zehn Jahre her, dass ich das selber gelesen habe. Jetzt kommen wir nämlich zu der Frage, warum hat sich das Christentum denn diese christliche Idee so weit durchsetzen können? Und da haben wir tatsächlich einfach, also Blum schreibt das auf vielen Dimensionen dem Zufall zu. Er sagt, Europa hatte Glück, wenn man das Glück nennen möchte. Das ist zu der Zeit, als es selber irgendwie anfangen, hochseetaugliche Schiffe zu entwickeln, auch Schifffahrt ein bisschen zu skalieren, auch waffentechnisch in der Entwicklung war. Warum das kam, sagt er dann auch ein bisschen was zu. Es hatte Glück, dass es gerade keinen globalen Konkurrenten gab, der einen ähnlichen Planeten haben könnte. China hatte das angefangen, tatsächlich. China hatte ja eine große Expedition, die Ming-Expedition gemacht, wo sie wirklich eine gigantische Flotte hatten, die glaube ich auch größer war als alles, was wir in Europa jemals gesehen haben. Wo sie eben auch viele Protektorate in gewisser Weise in Ostasien gerade erobert hatten, in gewisser Weise unterworfen hatten, jetzt nicht immer unbedingt militärisch, sondern durch reine Machtdemonstrationen sozusagen, auch was den Handel angeht. Östlich von Afrika war China damals sehr groß, hat dann aber Anfang des 16. Jahrhunderts hat die kaiserliche Regierung die Zerstörung aller hochseetauglichen Schiffe beschlossen und auch aller Dokumente über diese Expedition, weil sich China zu dem Zeitpunkt nach innen wendet.

Christoph:
[26:38] Ja, genau, das finde ich historisch extrem spannend. Ich bin da nicht sonderlich bewandert, aber genau, dass China, also… Ich kenne von jetzigen politischen Gründen sowohl aus China als auch aus Indien die Erzählung, naja, quasi die Phase der westlichen Dominanz ist nur eine global-historische Zwischenphase. Also wir waren mal riesig und groß und bedeutend und naja, jetzt sind halt kurz mal die USA und meinetwegen auch Europa dran, aber das wird sich schon legen und in Großperspektive wird das eine kurze Phase sein. Aber dass China offenbar irgendwann, und ich weiß eben nicht genau warum, entschieden hat, wir haben kein expansives oder so expansives Imperialverständnis, ich würde sagen ein Reichsverständnis, ja vermutlich schon, aber nicht diesen Imperiumsanspruch und dieses Greifen nach der kompletten Welt, wie wir das eben aus unseren Gegenden hier kennen, finde ich extrem spannend. Und genau, wenn es dafür plausible Erklärungen gibt und gute Textverlinkungen, schreibt sie gerne in die Kommentare, weil das würde mich wirklich interessieren, wie das passiert ist.

Nils:
[27:51] Also Blum führt das so ein bisschen aus, jetzt nicht so super ausführlich. Er beschreibt dann auch, dass China zu der Zeit auch schon ein sehr großes eigenes, also Kontinentalreich sozusagen hatte, eine Landmasse in sich, die es zu verwalten und zu kontrollieren hatte. Und dafür im Grunde auch einen sehr ausgezeichneten Verwaltungsapparat. Das Problem ist, dass dieser Verwaltungsapparat in Friedenszeiten zwar sehr gut funktioniert, aber in Krisenzeiten nicht. Auch wieder eine erstaunliche Parallele zu heute, fällt mir gerade so auf. Und dass beispielsweise durch Naturkatastrophen, durch einen durchbrochenen Damm, durch Rebellionen aus dem Inneren, durch Angriffe von außen, wahrscheinlich in dem Zeit, vor allen Dingen von den Mongolen, einfach empfindlich war. Und schwer aufrechtzuhalten war. Also im Grunde auch eine Geschichte, die das römische Reich auch hatte. So diese Schwierigkeit, dieses große, expansive Reich, was sie halt nach ins Land herein auch schon hatten, irgendwie aufrechtzuhalten und gleichzeitig irgendwie noch über See, also übers Meer noch irgendwie Territorien zu kontrollieren. Also das schien mir so ein bisschen sein Argument zu sein, was ja später an einer anderen Stelle auch nochmal so ein bisschen vertieft. Ich würde jetzt aber erstmal noch zum zweiten großen möglichen Konkurrenten gehen, das war nämlich das Osmanische Reich. Zu der Zeit.

Nils:
[29:09] Das hatte im Kern zwei Probleme. Das hatte im Kern das erste Problem, dass die Europäer auf einmal nicht mehr nur im Mittelmeer handeln konnten, sondern eben auch um Afrika herum nach Ostasien handeln konnten. Und das muslimische Reich halt große Kontrolle im Mittelmeer hatte, klar, weil das ist irgendwie sein Gebiet. Und es hatte aber vor allem das Problem, dass es eigentlich keinen anderen Hafen hatte als im Mittelmeer. Ja. Also es gab zwar den Hafen von Aden, was heute, ich weiß nicht, ist es nicht Saudi-Arabien, auf jeden Fall auf der arabischen Halbinsel ganz im Süden, aber der war halt sehr weit weg, der war schwer zu verteidigen und das war jetzt auch nicht so großes, so wirtschafts-, also internes Wirtschaftsgroßgebiet sozusagen. Da war halt nicht so viel drumrum. Der Kern des Osmanischen Reiches war halt eher um Istanbul herum, um Konstantinopel herum, nach Europa gewendet, Aber halt dann doch irgendwie an der Peripherie Europas und mit dem Wegfall des Mittelmeerhandels und mit dem Wegfall der, oder nicht Wegfall, aber mit dem immer weniger werdenden Handel über Land, weil man es jetzt halt mit dem Schiff konnte, wurde das Osmanische Reich einfach immer weniger wichtig.

Christoph:
[30:14] Ja, okay.

Nils:
[30:15] Und konnte sich deswegen auch nicht unternehmen. Erben ist übrigens heute im Jemen.

Christoph:
[30:18] Jemen, ja. Genau.

Nils:
[30:19] Sehr gut. War meine Vermutung. Ich habe mir jetzt nur den Namen des Landes gerade nicht eingefallen. Und dann gab es eben einfach keinen Konkurrenten, der es gekonnt hätte, weil die Völker in Nordamerika, Südamerika und in Afrika hatten einfach keine hochseefähige Schifffahrt. Und damit gab es niemanden sonst, der sich dem hätte systematisch in den Weg stellen können. So, das war jetzt so ein bisschen der Äußere. Es gab auch innere Strukturen, die dazu beigetragen haben. Blom zu folgen, und das finde ich auch wieder sehr spannend. Das ist nämlich im Grunde die dezentrale Struktur Europas. Weil, was wir am Beispiel China gesehen haben, China hat einen Herrscher und dieser Herrscher kann sich sehr lange halten, auch wenn er unfähig ist.

Christoph:
[31:08] Ja, okay.

Nils:
[31:09] Aber wenn es dann deutlich wird, dass er unfähig ist, dann ist auch gleich richtig. Katastrophe. Weil dann ist der Karren so richtig vor die Wand gefahren. Weil dann geht es halt gar nicht mehr. Während du in Europa immer so einen Wettbewerb, einen Ringen hattest. Du hattest Kriege, wo mal der wissenschaftlich-militärisch Überlegene oder der organisatorisch Überlegene oder der wirtschaftlich Überlegene sich durchgesetzt hat und seine Ideen verbreitet wurden. Dann hattest du natürlich durch die Kriege auch nochmal stärkeren Anreiz zu wissenschaftlicher Entwicklung.

Nils:
[31:39] Natürlich wie immer primär bei Waffen, aber immerhin etwas. Und da gab es, er nennt das tatsächlich die schöpferische Zerstörung des Krieges sozusagen. Immer wieder die Möglichkeiten, neu aufzubauen, neu anzufangen, gelernte Dinge neu anzusetzen. Und das wurde halt in Europa genau, geschah in Europa plus eben dieser missionarische christliche Aspekt, das Christentum in die Welt hinaustragen zu wollen und Menschen missionieren zu wollen. Also da trafen sozusagen Möglichkeit durch den technischen und auch sozialorganisatorischen Fortschritt und Wunsch dazu, eben expansives Christentum, trafen da aufeinander und haben genau dann dazu geführt, dass Europa es eben auch getan hat.

Christoph:
[32:54] Ja, okay. viele Leute einig sind, die nicht doof sind, hat es dann ja vermutlich eine gewisse Plausibilität. Aber ich wünschte mir, es wäre anders.

Nils:
[33:00] Ja, aber er sagt das halt auch. Sogar jetzt, wenn man auf die Renaissance-Malerei zum Beispiel in Italien guckt, die war ganz oft finanziert und gefördert durch die Grafen und Herzogin vor Ort, die sich ihre Machtposition sichern wollten. Oder eben, dass Menschen dann doch auch migrieren konnten oder Gebiete erobert wurden und neuen Strukturen unterlagen. Dass der Herrscher in Spanien sah, dass der Herrscher in Frankreich was machte, was irgendwie doch zu funktionieren schien und das dann vielleicht auch übernommen hat. Also es ist im Grunde, du hast eine Person oder eine Dynastie, die in ihrem eigenen Saft kocht und du hast, jetzt sind wir auch, das ist immer irgendwie Parallele in der Modernik. Ich habe das Gefühl, ich könnte auch genauso gut über die Jetztzeit reden, mit ein bisschen anders ausgetauschten Begriffen. Aber die Dynamiken sind exakt die gleichen. Du hast auf der einen Seite halbwegs funktionierende Märkte, wo viele Unternehmen mit neuen Ideen und relativ schnelle Feedback zügeln und man lernt voneinander und man entschließt neue Ideen und entwickelt neue Themen. Internet zum Beispiel in seiner Anfangsphase. und irgendwann wird es dann zur einen Dynastie, zur einen Idee, zum einen Gedanken, es gibt den Wettbewerb und die abweichen an Ideen und Gedanken nicht mehr und prompt hört es auf, sich zu entwickeln. Und das ist eine Dynamik, die haben wir in Europa in der Zeit eben gehabt, mit all ihren negativen Seiten, ich glaube, in den Kriegen gelebt zu haben, hat sicherlich keinen Spaß gemacht. Aus heutiger Perspektive sollten wir vielleicht fast froh sein, dass es sie gab.

Nils:
[34:29] Aber wenn das natürlich schwer zu sagen ist.

Christoph:
[34:32] Ja, ich meine, man weiß nicht, was gewesen wäre ohne, aber ich verstehe deinen Punkt.

Nils:
[34:40] Und in all den Bereichen, in diese Entwicklung reinkam man René Descartes mit seiner klaren Trennung zwischen Körper und Seele, also zwischen Immateriellem und Materiellem ist es bei Descartes und damit eben so ein bisschen Wissenschaft und Religion den Konflikt zu befrieden. Was jetzt in der nachrangigen Ideenentwicklung der große Nachteil, gerade von René Descartes Idee war, dass sie im Kern ein unwiderlegbares Dogma hat. Also während die Religion im Kern sowas hat wie, es gibt einen Gott, das ist irgendwas, worüber man nachdenken kann, wo man auch sagen kann, nee, gibt es nicht, so irgendwie, da kann man drüber diskutieren. Aber René Descartes Idee, das Einzige, worauf ich mich wirklich verlassen kann, ist das, dass ich denke, da kann man, da muss man schon sehr weit gehen, um darüber diskutieren zu können.

Christoph:
[35:33] Ja.

Nils:
[35:34] Das kann ich im Grunde nicht widerlegen, zumindest nicht logisch. Mhm. So, und das ist jetzt hier eher nur so ein Nebenargument, aber das fand ich noch einen spannenden Punkt. Was dann aber noch spannender wird, es gab zu der Zeit zwei Autoren, einen davon kennt man, beim zweiten habe ich jetzt tatsächlich schon wieder den Vornamen vergessen, weil man den eben nicht wirklich kennt. Der eine ist Michel de Montagne und der andere ist Bernardino Telesio.

Christoph:
[36:03] Also den zweiten habe ich gefühlt noch nie gehört.

Nils:
[36:06] Das waren so grob Zeitgenossen von Descartes. Und das waren im Grunde, also gerade Telesio war im Grunde so der erste hardcore induktive Empiriker, dass alles Geschehen in der Natur nur aus sich heraus verständlich wird, aus der vorurteilslosen Beobachtung. Die Welt habe genug unter grundlosen philosophischen Spekulationen gelitten, schreibt Blum über Telesio. Das ist erstmal sehr sympathisch.

Christoph:
[36:36] Finde ich.

Nils:
[36:37] Genau. Und auch, dass sie eben ganz stark auf so ein modernes Verständnis von Natur, also was wir jetzt in der westlichen Wissenschaft in den letzten 20, 30 Jahren so langsam angefangen haben zu entwickeln, so diese von Vernetzung, von gegenseitigen Abhängigkeiten, von komplexen Zusammenhängen, von chaotischen Systemen und so weiter und so fort. Also all das, was wir im Grunde so ab dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts angefangen haben zu entwickeln, in den letzten 50 Jahren.

Nils:
[37:07] Das wurde damals schon mehr oder weniger beschrieben. Gleichzeitig jetzt, doch, das ist, glaube ich, sogar tatsächlich Telesio, das ist nicht Blum, das ist Blum, der Telesio wiedergibt, hat der schon sehr präzise beobachtet, ich gebe jetzt einfach nochmal wieder ein Blum-Zitat, der menschliche Verstand zieht in das, was er einmal als wahr genommen hat, einmal als wahr angenommen hat, weil es von Alters her gilt und geglaubt wird Oder weil es gefällt, auch alles andere hinein, um jenes zu stützen und mit ihm übereinstimmend zu machen. Also was Telesio da beschreibt, ist im Grunde das, was wir heute auch erleben. Man nimmt die Erklärung, die man immer schon für wahrgehalten hat und rüttelt an denen nicht mehr. Und versucht, alles, was noch passiert, in diese Erklärung reinzuziehen. So, und das ist genau die Erklärung, die Telesio hier bringt. Ich kenne das immer, ich kenne das als kognitive Dissonanz. Die gute Standardzitation ist Festinger 1957, glaube ich. Aber anscheinend war das auch schon im 16. Jahrhundert bei Autoren durchaus Thema.

Nils:
[38:09] So, und das ist eben auch wieder, das ist so eine Perspektive hier, Thelese Montagne, die ist nicht Kanon der westlichen Philosophie. Weil sie eben genau an den bestehenden Überzeugungen, den bestehenden Weltbildern oder um mit Kuhn zu sprechen, den bestehenden Paradigmen einfach gerüttelt hat, weil sie die hinterfragt hat. Während die Perspektive von Descartes zum Beispiel, die war kompatibel. Die hat irgendwie das so aufgeteilt und man konnte sich nicht alle damit abfinden. Und ja, genau. Für mich war es völlig unproblematisch. Ein weiterer Autor, der auch zum ähnlichen Zeitraum auftaucht und auch heutzutage immer so ein bisschen als, du sagst jetzt gerade zweite Reihe, aber so ein bisschen als Rebellia auch gebrandet wird, ein bisschen später, genau, 17. Jahrhundert, dann ist Baruch de Spinoza.

Christoph:
[39:02] Auch da kenne ich mich wirklich 0,0 aus.

Nils:
[39:05] Genau, da gibt es ein hervorragendes Buch von Irving Yalom, dessen Bücher finde ich ja eh einfach nur großartig. Meistens ist es ein Psychotherapeut, der historisch-philosophische Romane schreibt. So, das Spinoza-Problem heißt der genau. Wirklich sehr, sehr, sehr lesenswert als Roman. Und Mauter Spinoza hat tatsächlich… Hatte eine sehr ketzerische Idee, also er kam selber, war selber Jude, ist aber von seiner Gemeinde dann entsprechend auch exkommuniziert worden, nachdem seine Ideen dann irgendwann so radikal wurden, weil Spinozas Kernidee, wenn Gott in allem ist, wenn er überall ist, wenn er sich nicht ändern kann, wenn er einfach da ist, dann brauchen wir ihn eigentlich gar nicht.

Christoph:
[39:55] Okay, ja.

Nils:
[39:56] Weil wenn er alles ist, dann ist er nix, so ungefähr, ne? Weil dann ist er irrelevant. Mhm. So, und dann ist es eben auch völlig illusorisch zu sagen irgendwie, dass Gott die Menschen beauftragen würde, sich die Welt untertan zu machen, weil warum sollte er das tun so ungefähr? Was ist die Logik dahinter? Und das ist dann ja, ist logisch, dass dann für ihn irgendwie für ihn sein Leben in seiner Gemeinde zu Ende war, weil es eben genau diese Reinigungsmechanismen quasi sind, die Telesio da oben beschrieben hat, die eben dazu führen, dass man sich solche Fragen eben lieber nicht stellt, wenn man irgendwie in den Tiefen steckt. Also auch da schon ganz klare Beobachtung, die eigentlich aus der Heute-Zeit kommen könnte. Das finde ich das Spannendste, gerade an dieser Passage.

Christoph:
[40:50] Da habe ich gedacht, so, ja.

Nils:
[40:55] Dann geht Blom auch noch auf ein Bild ein. Ein Bild kann ich euch im Podcast schlecht zeigen. Da werde ich wahrscheinlich dann aber einer der ersten Beiträge, wenn mein Blog wieder neu online ist, wird sich mit diesem Bild auseinandersetzen. Das heißt, der Vogel und die Luftpumpe, glaube ich, von einem Maler, von dem ich vergessen habe, wie er heißt. Irgendwas auf Derby.

Christoph:
[41:15] Der Vogel und die Luftpumpe. Wir werden es auf jeden Fall auch verlegen in den Show.

Nils:
[41:19] Ja, natürlich. Das ist eine sehr spannende Passage, die fand ich sehr, sehr cool, wo ich auch wieder dann dachte ich, der beschreibt heute. Und genau, dann kommen wir so langsam in den Bereich der Aufklärung. Das habe ich im Kern aber auch gerade schon gesagt. Da ist nicht so viel mehr drin, als eben diese Idee zu sagen, wir ersetzen jetzt die Seele durch die Vernunft. Es bleibt im Grunde das gleiche Motiv. Es ist ein bisschen anders gerechtfertigt. Es hat keinen Gott mehr im Hintergrund. Aber es ist im Grunde das gleiche christliche Motiv. Das sich einfach nur fortsetzt und das fand ich auch nochmal schön, da redet er dann von einem moderaten Mainstream in der Aufklärung und das ist auch wieder was, wo ich denke, das haben wir heute exakt genauso, wenn es ums Thema Klimakatastrophe vor allen Dingen geht, also du hast die, die irgendwie das konsequent durchdenken und konsequent auch die sehr unbequemen Fragen stellen und Aussagen treffen und du hast die, die irgendwie sich dazwischen es schaffen, sich dazwischen zu, durchlavieren und damit dann im Endeffekt irgendwie zum Kanon werden.

Christoph:
[42:29] Und das ist dann der moderaten Mainstream. Genau.

Nils:
[42:32] Also das ist auch nochmal ein wichtiges, wenn man über Aufklärung redet, gerade wenn man nicht tief drinsteckt, ich hab das auch lange gedacht, das war keine Bewegung gegen den religiösen Mainstream, sondern das war ein Versuch, den religiösen, Mainstream mit der aufkommenden Wissenschaft zu versöhnen.

Christoph:
[42:50] Das scheint mir auch, also es scheint mir eine Hauptherausforderung von den Weltreligionen zu sein, also zumindest von denen, die ich so ein Stück weit kenne und das ist halt dann schon primär das Christentum, aber der Kampf darum, die eigenen Anschauungen in wissenschaftliche Erkenntnisse einzupassen und nicht an Relevanz zu verlieren, nur weil Wissenschaft sich fortentwickelt und mehr Fragen beantworten kann und gleichzeitig aber glücklicherweise auch immer wieder neue aufwirft, scheint mir ein Kernproblem von Religion zu sein. Also vor allen Dingen, wenn man sich nicht auf so Letzt- und Riesenfragen nur kaprizieren möchte, sondern auch noch daneben Relevanz entwickeln möchte, ist das, glaube ich, wichtig für Religion.

Nils:
[43:44] Ja, definitiv. Genau, jetzt gucke ich gerade mal, wie wir weitermachen. Ein Beispiel, was er dann bringt, was wohl tatsächlich so in der Ideengeschichte ein ganz zentraler Punkt war, wo an der Bedeutung von Religion gesägt wurde, sozusagen, war das Erdbeben von Lissabon. Mitte des 18. Jahrhunderts, wo Lissabon nahezu vollständig zerstört worden ist. Wo eben tatsächlich so diese Idee, dass der Mensch in irgendeiner Hierarchie ganz oben steht, natürlich mal einen massiven.

Nils:
[44:19] Echtweltdämpfer sozusagen bekommen hat. Und das war ein so ein Punkt, wo dann eben nochmal, einfach Überzeugung, also gar nicht wo sagt, da ist dann irgendwas passiert, sondern das war so ein Moment, so ein Schockmoment, der der einfach da ganz viel dann in Zukunft vorangetrieben hat. Und wenn man jetzt eben sagt, dass Vernunft Glauben ersetzt, oder Vernunft die Seele ersetzt, dann wird halt das, was vorher die Missionierung war, wird halt der Fortschritt. Also jetzt ist nicht mehr Missionierung die, Menschensaufgabe, sondern es ist der Fortschritt. Und das ist jetzt auch durchaus eine Welt, in der wir immer noch irgendwie leben. Und dann kam eben das ganze Thema der Verdrängung und Ausrottung anderer Kulturen dann auch so langsam auf. Mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts, des 19. Jahrhunderts, da wurde das ja dann, nochmal im Kolonialismus, nochmal ganz stark, wo dann eben, es war ethisch gut und es war wirtschaftlich nützlich. Das ist dann natürlich die beste Kombination.

Christoph:
[45:22] Oh Gott.

Nils:
[45:24] Und auch hier, auch in dieser Zeit, gab es Menschen, die anders gedacht haben. Fand ich auch wieder sehr, sehr spannend. Die aber jetzt eben nicht als Kanon gelten. Eine dieser Personen ist Paul-Henri Thierry de Olbach.

Christoph:
[45:38] Okay, ja.

Nils:
[45:40] Sagt mir auch nix, dass der war, lebte Ende des 18. Jahrhunderts, genau, von 1723 bis 1789. Und war eben auch stark religionskritisch und da ist auch ein schönes Zitat, was im Grunde diesen Telesio-Bogen direkt fortsetzt. Der Mensch ist nur darum unglücklich, weil er die Natur verkennt. Sein Geist ist so sehr von Vorurteilen angesteckt, dass man glauben sollte, er sei für immer zum Irrtum verdammt.

Christoph:
[46:10] Schön, oder? Ja, das finde ich ist wirklich, das kann man sich einrahmen. Ja, da steckt ja wirklich total viel drin und sehr viel, ja, also wie spannend, dass man solche Autoren, ich glaube, das muss man vermutlich nicht gendern.

Nils:
[46:27] Ja, ich befürchte das auch.

Christoph:
[46:28] Befürchte das, tatsächlich von denen so wenig hört und so wenig weiß, weil offenbar gibt es ja die Quellenlage und man, also darüber Bescheid zu wissen, scheint ja möglich zu sein, wie uns der Autor hier zeigt. Also, ja. Interessant. Ich weiß nicht, in welcher Winkel des Philosophiestudiums man da abbiegen muss, damit man in so Bachelor-Master-Systemen so was vielleicht mitkriegt. Ja.

Nils:
[46:55] Gar nicht so sehr. Also es gibt einen Autor aus einer ähnlichen Perspektive, der tatsächlich auch sehr bekannt ist und es gibt eine literarische Strömung, der dieses Thema auch sehr wichtig war und die kennen wir wiederum sehr gut, das ist nämlich die Romantik. Ja, im Grunde genau, auch diesen Aspekt, da wird dann die Natur auch verklärt, das ist auch keine, Frage, also das ist jetzt auch nicht eine moderne Perspektive, aber die hat das immer wieder aufrechterhalten und es gibt ja jetzt auch mittlerweile, immer mal wieder so Ideen einer neuen Romantik oder sowas, die die eben genau diese Versöhnung wieder irgendwie angehen könnte. Und ein Autor, der eher, ich weiß nicht, ob ich es philosophisch sagen würde, aber der eben in dem Kontext auch sehr bekannt auch mittlerweile geworden ist, ist Alexander von Humboldt.

Nils:
[47:41] Der im Grunde mehr oder weniger direkt an so jemanden wie Olbach anschließend da ja auch viel zugeschrieben hat. Das war einer der ersten, der die Veränderung der Welt durch das Klima, durch den Klimawandel beschrieben hat zum Beispiel. Der ganz eng verbunden war mit diversen Unabhängigkeitsbewegungen und Widerstandsbewegungen in Süd- und Lateinamerika. Also da würde ich wirklich wärmstens genau für diesen Themenkomplex die beiden Bücher von Andrea Wulff empfehlen wie heißt es auf Deutsch das Alexander von Humboldt Buch, genau, auf Deutsch heißt es Alexander von Humboldt, genau und die fabelhaften Rebellen auch von Andrea Wulff, wo es eben um die Romantiker geht das sind zwei hervorragende Bücher, die das tatsächlich, erstens sehr unterhaltsam, zweitens aber auch inhaltlich sehr gehaltvoll so ein bisschen deutlich machen. Also gerade Humboldt, das hat mir echt da nochmal ganz anders irgendwie einen Blick eröffnet. Auf diesen anderen Blick. Also wir sind immer bei diesem Strang. Wir sind bei dem Mainstream, der dieses Unterwerfungsnarrativ fortschreitet. Wir sind immer mal wieder bei so einem Parallelstrang, der im Grunde die gleichen Dinge erzählt, die heute so Parallelstränge auch erzählen.

Nils:
[48:56] Und genau, dann kommen wir zum nächsten spannenden Thema, nämlich Rassismus und Sklaverei. Da geht, greift Blom vor allen Dingen die Studie von Eric Williams auf, aus den 40er Jahren, der im Grunde das übliche Narrativ umdreht. Das übliche Narrativ ist ja, die Weißen dachten, die Schwarzen werden minderwertig und deswegen haben sie sie ausgebeutet. So, Williams sagt jetzt im Grunde, sagt es andersrum und es passt auch zu dem, was Graber erzählt, was Graber schreibt, zum Beispiel, in Anfänge. Dass es im Grunde andersrum war. Die Weißen haben die Schwarzen ausgebeutet, um sich dafür zu rechtfertigen, haben sie Rassismus erfunden. Ja, okay.

Christoph:
[49:40] Also gerade bei der Sklaverei gibt es ja auch die, ja jetzt sind wir bei romantisch verklärten Erzählungen, also Romantik, dass sich irgendwann quasi die Moral durchgesetzt hat und man dann Sklaverei verboten hat. Und erstaunlicherweise hat sich parallel dazu herausgestellt, dass wenn man Menschen nicht noch versorgt, weil sie einem schlichtweg gehören, sondern sie dafür aufkommen lässt für ihre eigene Wohnung, dass es günstiger sein kann, einfach nur ihre Arbeitskraft auszubeuten und nicht noch für ihren Lebensunterhalt zuständig zu sein. Ja, schön. Und dass es sich auch ökonomisch einfach nicht mehr gerechnet hat, SklavInnen zu halten. Und dann konnte man glücklicherweise, also dann kann man sich aber moralisch auch noch schönreden, wenn man sagt, naja, vielleicht sollten wir auch aus moralischen Gründen damit aufhören.

Nils:
[50:29] Und genau, damals war es halt eher andersrum. Dann brauchtest du die moralische Rechtfertigung. Wir tun hier was, was moralisch irgendwie schwierig ist. Wir müssen es rechtfertigt kriegen. Okay, dann sind das jetzt halt Wilde. Und gleichzeitig sichert es uns auch noch gegen intellektuelle Vorwürfe, Vorwürfe ab, die jetzt bei Graeber wieder sehr stark sind, die eigentlich unfreien sind, weil wir uns ja irgendwie den Herrschern unterwerfen und so. Es gibt auch, an einer Stelle, das zieht ja nicht das ganze Buch, deswegen habe ich das nicht in die Narration reingestellt, an einer Stelle sagt er so schön, dass mit der Entstehung der ersten Städte die Menschen den städtischen Strukturen unterworfen wurden. Also nicht, dass die Menschen sich die Natur unterworfen haben, sondern, dass die Menschen sich selber unterworfen haben, sozusagen in die Stadt rein. Das ist natürlich eine Systemtheorie.

Christoph:
[51:14] Eine systemorientierte Perspektive, die mir sehr gefällt.

Nils:
[51:18] Die hat was für sich. Das ist aber ja auch ein Motiv. Das ist auch ein Motiv, das haben wir in der kritischen Theorie haben wir das. Das ist auch ein Motiv, irgendwo hatte ich es gerade noch gesehen. Die Menschen haben sich selber unterworfen. Das haben wir ja im Grunde bei der, Gesellschaftsvertragstheorie. Genau, da wollte ich hin.

Nils:
[51:38] Der Leviathan, dem sich die Menschen selber unterwerfen, weil nur er ihre Sicherheit garantieren kann und so. Gut, aber wir sind bei Rassismus. Jetzt müssen wir Rassismus und Wissenschaft irgendwie in Übereinklang bringen, weil das sind so zwei ganz zentrale intellektuelle Pfeiler sozusagen des 19. Jahrhunderts. Da bietet sich dann natürlich sowas an wie Rassenkunde, Eugenik. Also Eugenik ist der kontrollierende Teil, also ich züchte irgendwie bestimmte, Menschengruppen darauf hin, dass sie besonders gut irgendwie Dinge können, das ist natürlich jetzt aus heutiger Perspektive massiv problematisch und das gleiche aber immer auch noch moralisch abgesichert, weil es ist ja immer auch noch so das christliche, Narrativ dahinter ist ja immer auch noch so diese moralische Aufladung irgendwie dabei, so und dann kommen wir irgendwie zu dem Punkt, wo Gott dann tatsächlich so langsam seine Legitimationskraft verliert. Da ist es nämlich tatsächlich, das schiebt er so ein bisschen ins viktorianische England, zum großen Teil. Auch wenn ich jetzt gerade aus meinen Notizen nicht mehr nachvollziehen kann, warum.

Nils:
[52:53] Nee, genau, da hielt er das noch aufrecht, da bringt er nämlich auch den schönen Satz, ohne moralischen Unterbau, ohne die White Man’s Burden, ohne Missionszivilisatrice, kein Kolonialreich und kein Einkommen. Es ist immer noch dieser Gedanke, wir müssen das tun, wir haben diese Aufgabe von Gott gegeben bekommen, die Welt zu zivilisieren, dass uns das ökonomisch auch noch nutzt. Ja gut.

Christoph:
[53:19] Das ist uns so passiert, da wollen wir uns jetzt nicht gegen wehren.

Nils:
[53:23] Genau, das hat ja dann, das hat ja Weber in seinem Geist des Protestantismus, hat das ja dann sehr schön, zumindest für den religiösen Protestantismus aufgezeigt, dass das so ein bisschen die Abspaltung ist, die dann das Ökonomische auch noch moralisch auflädt, das auch explizit macht und nicht nur so ein bisschen implizit macht, wie das hier bleibt. Also wir bewegen uns jetzt aber auch so langsam auf das Ende des Buches zu, tatsächlich, was nach einer knappen Stunde auch gar nicht so schlecht ist. Jetzt kommt er nämlich genau zu diesem Element, dass wir irgendwann an der Stelle sind, dass die Maschinen besser in dem werden, was wir Menschen ja irgendwie als unser spezifisches, als unsere Stärke, Die Weltunterwerfung ist unsere Aufgabe und jetzt machen das auf einmal Maschinen für uns. Und da wird es jetzt schwierig. Was passiert denn jetzt? Wie, wie, oh so. Und er treibt das sogar noch weiter. Ich habe da so ein bisschen Anschluss gesehen. Machen wir erstmal da los. Es gibt ja dieses, ich weiß nicht, sagt dir Tazkriel was?

Christoph:
[54:21] Nee.

Nils:
[54:22] Als Begriff?

Christoph:
[54:22] Nee.

Nils:
[54:23] Das ist ein bisschen diese sehr libertär-faschistische Ideologie, die eben so von den großen Silicon Valley Milliardären, so à la Elon Musk und Peter Thiel und so weiter kommt. Also wo es, ich weiß nicht mehr genau, wofür es ein Akronym ist, aber da ist dieses Long-Termism, also dass wir jetzt gucken müssen, dass wir die Zukunft für die Milliarden von Menschen sichern. Da ist das Thema Transhumanismus in seiner jetzigen Ausführung so ein bisschen drin. Also wir müssen das Menschsein überwinden, wir müssen irgendwie auch zu Teilmaschinen werden. So dieses Motiv im Grunde drin. Also im Grunde zu sagen, okay, ja, die Maschinen sind darin besser als wir, deswegen müssen wir mehr werden wie die Maschinen. So, und das sehen wir jetzt eben auch, und das ist jetzt, jetzt kommen wir zu diesem Punkt, wo wir uns selbst den Maschinen unterwerfen, in gewisser Weise. Und wir merken, die können das noch besser, okay, dann eifern wir denen nach oder werden zu denen.

Nils:
[55:22] Und das ist halt dann, wo er sagt, okay, jetzt unterwerfen wir uns irgendwie so den Entscheidungsstrukturen und Prozessen der digitalen Welt, wo wir dann sagen, okay, ihr werdet das irgendwie, werdet das nicht loswerden. Und dann gibt es ein sehr, sehr schönes Zitat. Ich weiß gerade nicht, ob das Blum selber ist, er kennzeichnet es zumindest nicht als Zitat. Goethes Zauberlehrling hat zwar Chaos geschaffen und wird die Geister, die er rief, nicht mehr los. Aber er hat auch Tinder entdeckt und gerade anderes zu tun, als sich mit wild gewordenen Besen herumzuschlagen. Das ist einfach ein so großartiges Zitat.

Christoph:
[55:55] Das ist richtig sehr, sehr gut, ja.

Nils:
[55:57] Ich weiß nicht, ich habe meine Notizen gar nicht markiert, aber ich habe das jetzt beim Überfliegen gelesen und dachte, okay, das muss ich bringen. Das ist so ein bisschen jetzt Blooms Gegenwartsbeschreibung ja okay das ist die Situation, in der wir sind wir sind jetzt irgendwie an den Punkt gekommen, mit diesem ganzen Unterwerfungsnarrativ, wo wir merken, irgendwas ist da grundsätzlich falsch irgendwas stimmt grundsätzlich nicht, aber hey swipe, swipe.

Christoph:
[56:18] Swipe, swipe Thema Aufmerksamkeit zur Ökonomie und so, ne?

Nils:
[56:25] Genau, und das macht er dann danach noch ein bisschen ausführlicher das muss ich jetzt glaube ich gar nicht gar nicht so sehr ins Detail gehen, weil das ist jetzt ein kapitalismuskritisches Motiv, was wir jetzt auch schon hier im Podcast ganz oft hatten. Dass wir jetzt eben, jetzt haben wir nicht mehr die Wissenschaft im Kern unseres Glaubens, sondern halt den Markt. Also auch hier wieder ein sehr schönes Zitat. Blum hat manchmal sehr, sehr schöne Sprachbilder. Nach den Apologeten der Religion kamen die Apologeten des Marktes. Erben der Theologen und Historiker und Professoren, die sich schon lange darin geübt hatten, Manifeste Widersprüche kunstvoll in schöne Bilder zu verwandeln.

Christoph:
[57:03] Okay, er kann offenbar schreiben.

Nils:
[57:05] Ja, definitiv. Also ich habe eine Weile gebraucht, in das Buch reinzukommen. Erst dachte ich so, weil gerade der erste Abschnitt, der so beim Mythos und der Vorgeschichte ist, der ist sehr vage, der ist sehr irgendwie, der sprichwörtliche Pudding an der Wand. Aber er rettet sich daraus. Er rettet sich daraus und wird dann im Ende wird das Buch wirklich, wirklich richtig lesenswert. Ja, dann eben Heilsgeschichte des Marktes Und er sagt dann irgendwann noch, sagt er das selber, ich glaube, das ist meine Notiz, dass man irgendwann die Werbung sozusagen zur Predigt wird, also nicht mehr irgendwie der Pfarrer, der predigt irgendwie vorne hier, halte deine Triebe im Zaum, sondern die Werbung, die der predigt, hier kaufe dieses Deo, dann wirst du die Transzendenz erleben.

Christoph:
[57:56] Genau, halt aber ja auch wirklich immer stärker als Lebensstilvermarktung im Prinzip. Also Werbung ist ja hoch emotionalisiert, es geht ja wirklich kaum noch um das eigentliche Produkt, sondern wenn du dieses Bier kaufst, erlebst du Freundschaft, weil deine FreundInnen so gerne mit dir anstoßen. Also dieses Bier wird dir dein Grundbedürfnis nach Zusammengehörigkeit erfüllen, was natürlich Humbug ist, offensichtlich.

Nils:
[58:29] Ja, exakt. Und dann kommen noch so ein paar, ich hatte diesen Begriff des Moderate Mainstream gerade gebracht, falls du dich erinnerst bei der Aufklärung, jetzt sehe ich gerade, der war nicht von Brom selber, der kommt von Jonathan Israel. Einfach nur als Quellenangabe sozusagen an der Stelle. Der Autor als Autor sagt mir jetzt direkt tatsächlich nichts. Mir auch nicht, ja. Genau, und dann kommt ja noch so ein bisschen, dass ja auch noch mal so ein bisschen der Punkt ist, dass wir jetzt ja mittlerweile sogar wissenschaftlich an der Stelle sind, wo wir sogar hinterfragen müssen, ob wir Menschen irgendwie abgeschlossen Individuen sind. Wenn man jetzt so die Bedeutung von Bioorganismen im Darm und so weiter, wie war das, wir haben 30 Milliarden, ne, 35 Milliarden Zellen und 30 Milliarden Mikroorganismen oder sowas. Echt, ich kenne die.

Christoph:
[59:15] Die Quantifizierung kann ich nicht.

Nils:
[59:18] Irgendwo lief das letztes Mal mir vorbei, diese Zahl. Ich habe jetzt noch keine Ahnung, ob diese Zahl was taugt und was sie genau aussagt. Aber das ist genau dieser Drang, okay, wir sind irgendwie … Dann doch irgendwie Fleischsack. Ja.

Christoph:
[59:33] Sehr. Ja, auch das Thema, ne, auch, keine Ahnung, Viren sind gar nicht nur böse, sondern auch in uns leben halt Viren, die ganz viel Nützliches erbringen und so. Also irgendwie ist man mehr so ein wandelndes Biotop, ne?

Nils:
[59:47] Ja, genau. Ja, im Kern ist jetzt eben tatsächlich Sittblom uns an der Stelle, wo wir sagen, wir müssen irgendwie komplett neu denken. Diese zweieinhalbtausend Jahre Geistesgeschichte irgendwie anfangen. hinter uns zu lassen. Klar, kleiner haben wir es nicht. Als dominante westliche, als globaler Westen, der diese Kultur irgendwie vertritt und am stärksten internalisiert hat, gibt da wieder einen schönen Satz von ihm. Vielleicht wäre es an der Zeit, über eine psychologisch nicht grausame, artgerechte Haltung von Homo sapiens nachzudenken. Und jetzt kommt der Nachsatz dahinter. Also er beschreibt vorher Hagenbecks Tierpark, in dem es auch so Menschenschauen gab. Wo dann irgendwie Menschen aus Südamerika, aus Afrika quasi wie wie Zootiere im Grunde vorgeführt wurden. So, und er sagt jetzt eben diesen Satz, vielleicht wäre es an der Zeit über eine psychologisch nicht grausame, artgerechte Haltung von Homo sapiens nachzudenken. Sogar Hagenbecks Tierpark gab sich in dieser Hinsicht mehr Mühe als die sinistren Propheten der digitalen Zukunft. Oh Gott.

Christoph:
[1:00:44] Ja, das ist natürlich sehr hart. Ich weiß nicht, ob im Zweifel auch unnötig relativierend.

Nils:
[1:00:53] Das ist halt die Frage.

Christoph:
[1:00:54] Genau, das ist halt die Frage. Ich weiß nicht, ob man den Vergleich ziehen muss, aber ja, okay.

Nils:
[1:00:59] Ja, also er beschreibt, klar, es sind konkrete Grausamkeiten gegen konkrete Menschen, sind immer etwas anderes als abstrakte Ideen, bin ich voll bei dir. Aber er beschreibt halt vorher auch ein bisschen genauer, was da genau passiert ist und so und das war sicherlich massive Ausbeutung aber es war auch es war noch nicht auf dem Level der amerikanischen Sklaverei aber.

Nils:
[1:01:25] Nur ein bisschen grausam ja also da sind Vergleiche immer schwierig, aber ich finde diese Analogien, sie sind manchmal, manchmal braucht man sie, weil man dieses konkrete Leiden weil man dieses konkrete Leiden sieht, und dann sagt, okay, und das ist was, da steckt dieselbe Idee hinter. Ja, ungefähr. Auch wenn man natürlich immer vorsichtig sein muss, das konkrete Leiden nicht zu relativieren, weil noch leidet niemand so sehr unter diesem, ja, vielleicht mittlerweile aber auch schon, wir wissen es nicht. Da kommt wieder diese Ausbeutung, es ist billiger den Sklaven sich selber um sein Essen kümmern zu lassen, als ihn zu versorgen. Da sind wir jetzt im Extrem. Und das ist im Grunde so ein bisschen, dann geht er gegen Ende des Buches Und da würde ich euch noch ein Zitat mitgeben, sozusagen als Schlusswort von Philipp Blom, das das Ganze im Grunde zusammenfasst und unsere Probleme, vor denen wir jetzt stehen, eigentlich sehr, sehr gut beschreibt. Die Vertreibung aus dem Paradies ganz ohne Engel und ohne Heilsgeschichte ist eine schmerzliche Erfahrung. Denn es stellt sich heraus, dass die Menschen ein überwältigendes Verlangen nach Engeln und Erlösung haben. In der neuen fremden Natur frösteln sie, denn sie haben noch keine Begriffe, sie zu beschreiben. Und sie haben noch nicht verstanden, dass ihre Vertreibung auch ihre Befreiung ist. Wollen sie diese Befreiung wirklich?

Christoph:
[1:02:46] Ja, danke für das Schlusswort. Ich vermute, damit bist du am Ende deiner Buchvorstellung angekommen.

Nils:
[1:02:53] Ja, ich habe jetzt noch gerade am Ende ein paar Dinge übersprungen, aber ich glaube, das ist…

Christoph:
[1:02:57] Das kennen wir, die wir hier…

Nils:
[1:02:59] Der Bogen war so besser.

Christoph:
[1:02:59] Ja, die wir hier Bücher vorstellen, kennen wir das glaube ich alle, dass man am Ende denkt, okay, ich muss ein, zwei Sachen aussetzen.

Christoph:
[1:03:08] Ja, das war die Unterwerfung von Philipp Blom. Und ich glaube, ich habe noch nie so viele Folgen und konkrete Bücher aufgeschrieben. Bei den letzten Aufnahmen hatte ich immer mal irgendwie eher so Podcast-Folgen, Artikel und sowas. Aber jetzt habe ich wirklich Bücher. Das ist, finde ich, bei den Folgenverlinkungen immer ein bisschen schwierig. Weil gerade bei den lang zurückliegenden Folgen, finde ich zumindest, erinnere ich mich deutlich besser an die Bücher, die ich selber vorgestellt habe. Also das soll jetzt keine Selbstbeweihräucherung sein, sondern ich glaube, du kannst das bestimmt gleich noch um Folgen von dir und euch ergänzen. Aber genau, ich habe euch in Folge 21 Moderne und Ambivalenz von Sigmund Baumann vorgestellt. Da geht es ganz stark um das Verständnis von Moderne und welche Probleme und Ambivalenzen das eben mit sich bringt. Und bei Baumann ist ein großes Thema der Fremde. Also es ist, glaube ich, geht es noch, genau, es ist vielleicht ein bisschen soziologischerer Zugang, so vielleicht. leicht. Dann hat, ich glaube, das war Holger, hat Narrative Wirtschaft von Robert J. Schiller in Folge 25 vorgestellt. Das war ich. Ach, das warst du. Ja, sehr gut. Okay, sorry. Genau. Holger hat vorher die

Nils:
[1:04:18] Quantum Economics oder wie das hieß, vorgestellt.

Christoph:
[1:04:20] Ja, stimmt. Ja, ja, ja. Genau. Aber es geht um gesellschaftliche Narrative und ihren Einfluss auf ökonomische Ereignisse. Also genau, aus ökonomischer Perspektive. Dann haben wir Folge 27 mit der Knowledge Machine, die hast du auch vorgestellt, wenn ich jetzt nicht völlig mistaken bin.

Nils:
[1:04:37] Ja, stimmt.

Christoph:
[1:04:39] Genau. Also Funktionen und wie Wissenschaft funktioniert, so ein bisschen als Thema. Dann Anfänge von David Graeber hast du selber in der Folge schon aufgeworfen, die hast auch du vorgestellt, also genau das ist das. Dann haben wir Folge 40 mit dem Sovereign State and its Competitors, gerade weil wir auch über andere Staatsmodelle jetzt gesprochen haben. In dem Buch von Hendrik Spreuth geht es im Prinzip darum, wie sich der Nationalstaat in Europa durchgesetzt hat, vor allen Dingen gegen seine Konkurrenten die Hanse und die italienischen Stadtstaaten als Modelle, die nach Spreuth genau so dieses Rennen hätten gewinnen können. Und dann haben wir noch zwei Bücher von Mariana Mazzucato. Einmal The Entrepreneurial State und welches war das zweite? Ich glaube, das hast du auch vorgestellt. Das war nicht Mission Economy, ne?

Nils:
[1:05:31] The Big Con. Ja, genau.

Christoph:
[1:05:34] Die passen, glaube ich, inhaltlich auch gut. Das soweit erstmal meine Folgenverlinkung. Und dann habe ich noch ein paar Bücher. Ich habe ja zwischendurch gesagt, monokausalisierende Erklärungen sind immer ein bisschen schwierig, aber wenn ihr die Welt von heute verstehen wollt, das ist sehr populärwissenschaftlich, da bin ich immer ein bisschen argwöhnisch, aber ich finde, man kann es gut weglesen, gut weghören. Die Macht der Geografie im 21. Jahrhundert, also geht es darum, wie unter Länder, Staaten und auch die EU einfach geografisch eingebettet sind und welche Optionen oder Probleme das aus geografischer Perspektive für sie mitbringt. Ob man darüber eine komplette Weltpolitik erklären sollte, lasse ich mal dahingestellt, aber ich finde es zumindest spannend, weil wir über Religion ja zu viel gesprochen haben auch. Ich habe es schon ein paar Mal vorgeschlagen. Keine Bibel von Christian Nürnberger lohnt sich auf jeden Fall zu lesen, wenn ihr keinen direkten Zugang zur Bibel habt oder sie nochmal durcharbeiten wollt. Er stellt die Kerngeschichten der Bibel vor und ordnet sie ein. Und ich glaube, er ist Theologe. Ich habe es nicht ganz im Kopf. Dann ist ein Buch auf meiner Leseliste. Das heißt Die drei Ringe von Dorothea Weltecke.

Christoph:
[1:06:47] Oder Welthacker, ich weiß nicht genau. Und sie geht in dem Buch, so wie ich das verstehe, ja im Prinzip der Genese der drei abrahemitischen Religionen auf den Grund, wie die so ins Sein gekommen sind und wie sie zusammenhängen und was sie trennt und so weiter. Klingt, finde ich, zumindest sehr spannend. Dann die protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus von Max Weber, einen der soziologischen Klassiker hast du selber auch schon aufgeworfen. Dann, weil wir das Erdbeben von Lissabon jetzt hier in der Folge hatten, habe ich an mein Abitur zurückgedacht und wir haben das Erdbeben in Chile von Heinrich von Kleist gelesen, wo es ganz zentral um die Frage der Theodizee geht. Und auch wenn das Referenzereignis da das Erdbeben in Chile ist, ist das, was Heinrich von Kleist zum Schreiben animiert hat, im Prinzip eben dieses Erdbeben in Lissabon gewesen, wenn ich es richtig im Kopf habe. Und weil wir über Alexander von Humboldt gesprochen haben, noch ein Roman, die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann. Ein biografischer Zugang zu Alexander von Humboldt eben in Romanform. Das wären meine zwölf Verlinkungen für heute.

Nils:
[1:08:03] Ich habe tatsächlich nicht ganz so viele, weil ich vergessen habe, mir vorher welche zu machen. Ich habe natürlich im Text, ich versuche jetzt vor allen Dingen mal die aufzugreifen, die ich im Text schon mal angesprochen habe. David Graeber hast du ja gerade schon genannt, vor allen Dingen Anfänge, ist da sehr, sehr instruktiv, aber auch sein Buch Schulden, das habe ich auch mal hier vorgestellt. Dann haben wir Hartmut Rosa, Resonanz. Das kann ich ja gefühlt mittlerweile fast überall anbringen.

Nils:
[1:08:26] Stichwort artgerechte Menschenhaltung. Dann ist mir gerade noch aufgefallen, dir aufgefallen. Ich glaube, das war unsere Folge 10 Religion für Atheisten von Alain de Botton. Da sind wir auch wieder so an diesem Punkt, welche gesellschaftlichen, sozialen, psychologischen Funktionen hat eigentlich Religion übernommen und wie kriegen wir die in einer nicht-religiösen Welt irgendwie auch wieder weiter erfüllt.

Nils:
[1:08:47] Fand ich da auch sehr, sehr, sehr angenehm zu lesen. Alain de Botton ist halt auch sehr populär, manchmal vielleicht auch ein bisschen zu populär, aber auf jeden Fall sehr, sehr inspirierend in dem Fall. Und dann noch zwei Verbindungen, die vielleicht nicht ganz so offensichtlich sind, aber die jeweils auf zwei Aspekte hinspielen, die eine ganz große Rolle gespielt haben. Das ist einmal The Innovation Delusion von Lee Winsel und Andrew Russell, wo es im Grunde so um dieses Fortschrittsmantra geht. Im Grunde sagen, es muss immer neu sein, es muss immer irgendwie besser werden und wir vergessen dabei aber, dass das, was da ist und was gut ist, irgendwie zu erhalten und zu pflegen, dass es auch da ist und gut bleibt. Auch irgendwie ein aktuelles Thema, würde ich sagen, in unserer gesellschaftlichen Realität. Und dann haben wir noch die Folge, ich glaube es war 42 genau, in der ich Europa, Infrastrukturen der Externalisierung, ein Sonderheft von einer Architekturzeitschrift vorgestellt habe. Das ist aber sehr, sehr ausführlich genau diese Ausbeutungsstrukturen im Grunde von Europa gegenüber Afrika primär deutlich macht und da sehr, sehr viele spannende Themen aufgreift, Geschichten erzählt. erzählt, das würde ich euch da auch noch mitgeben. Und dann habe ich eben drei, noch eine Folge ist das tatsächlich auch, nämlich diese ganze Idee von Narrativen, die wir jetzt auch hatten, ist natürlich ganz stark in Erzählende Affen von Samira El-Oassil und Friedemann Karich.

Nils:
[1:10:09] Erklären die das sehr schön, das war auch eine Episode, ich glaube irgendwann in den 50ern war die, oder? 46. Alles klar. Genau, dann habe ich noch ein paar Bücher, Das ist einmal, das hatte ich erwähnt im Podcast von John Freely, Aristoteles in Oxford, wo er so ein bisschen diese zeitliche Lücke füllt, die jetzt hier auch Philipp Blom irgendwie lässt und ein bisschen zeigt, was in dem, was wir üblicherweise Mittelalter nennen, denn so an Wissenschaft, Bildungssystem, Reformen, Innovation und so weiter kam, was das, was danach kam, eigentlich erst ermöglicht hat. Das fand ich sehr spannend. und dann eben die beiden bücher von andrea wolf andrea wolf alexander von humboldt und fabelhafte rebellen alexander von humboldt halt eben über den namentlichen personen grunde in romanform gegossene biografie sehr sehr nett zu lesen und gleichzeitig sehr spannend und interessant und dann eben fabelhafte rebellen das ist im grunde so ein, Es ist schon fast eine Phase nicht, aber es erzählt halt eine Phase von irgendwie ein bis zwei Jahren in Weimar, wo so sämtliche deutsche Romantiker.

Nils:
[1:11:17] Da muss man sogar gendern, RomantikerInnen, sich in Weimar und Umgebung Weimar-Jena irgendwie zusammengeballt haben und erzählt eben so die persönlichen Geschichten, genauso wie die intellektuellen Entwicklungen. Weil mir in dem Buch das Intellektuelle ein bisschen zu kurz kommt, dass mir ein bisschen zu sehr Liebelei nach links, Liebelei nach rechts war. Aber es ist trotzdem lesenswert und interessant, bietet einen guten Einblick in die Zeit. Was ich dann noch an Artikeln habe, ich werde mal einen Artikel, ich habe jetzt gerade keinen konkreten Namen damit verbunden, zu dieser Ideologie des Test-Creel. Ich meine, da wäre auch Timnit Gebru mit drin, die ja jetzt auch im Thema KI und KI-Kritik ein bisschen öffentlich größer, bekannter geworden ist. Sie war Chef-Ethikerin bei Google und war dann zu kritisch und ist dann gefeuert worden.

Christoph:
[1:12:03] Oh, ich erinnere mich dumpf, ja.

Nils:
[1:12:04] Das war, meine ich, die Geschichte. Ich meine, sie wäre da auch eine der Autorinnen bei diesem Thema der Zentralen. Und dann habe ich tatsächlich gestern noch einen Artikel oder Newsletter gelesen von Michael Seemann, MS Pro, vielleicht bei Twitter oder auch bei Mastodon bekannt, schon ein bisschen länger unterwegs im Netz, so als so ein Netzdenker. Der verrennt sich gerade so ein bisschen ins Thema Israel-Palästina. Da muss man bei ihm ein bisschen vorsichtig sein. Aber er hat einen sehr, sehr guten Newsletter zu diesem Telesio-Strang, den ich hier im Podcast auch aufgemacht habe. Zu diesem Verrennen in narrative Strukturen und was das auch mit KI zu tun hat. Weil eben KI wieder nichts anderes macht, als sich in dem, was irgendwie semantisch anschlussfähig ist, die Wege zu suchen, die irgendwie plausibel sind. Und das passt sehr zu dieser Rechtfertigung, ich muss irgendwie das, was passiert, mit dem übereinbringen, was meine Ideologie mir sagt. Dann würde ich den da auch noch einbringen. Der schreibt allerdings tatsächlich, eine sehr interessante Mischung aus, sehr lesbar, wenn man theoretische Sprache gewohnt ist. Ähm, Ich wollte jetzt sagen, sehr lesbar, aber das stimmt nicht. Das ist sehr lesbar, wenn man irgendwie Soziologie studiert hat und das auch noch gerne liest, dann ist das sehr lesbar.

Christoph:
[1:13:19] Dann nehme ich das mal als persönliche Podcast-Empfehlung.

Nils:
[1:13:23] Es ist ein Newsletter-Artikel, es ist kein Podcast.

Christoph:
[1:13:27] Ja, sorry. Alles gut. Wir sind in einem Podcast, andere Menschen machen Newsletter.

Nils:
[1:13:34] Das ist auch für mich die 73. Minute. Genau, aber das waren erstmal meine Empfehlungen. Die findet ihr dann in den Show Notes. Genau, jetzt verlaufe ich mich auch schon.

Christoph:
[1:13:46] Sehr gut. Okay, dann bleibt mir nur noch…

Nils:
[1:13:48] Ey, du findest es gut, dass ich mich verlaufe?

Christoph:
[1:13:51] Das ist zumindest dann ausgeglichen. Dann bleibt mir nur noch diese Folge abzurunden mit dem Verweis auf unsere Webseite. Das ist zwischenzweideckeln.de So wie ich unser Social Media Game momentan betrachte, ist das, glaube ich, auch die zentrale Anlaufstelle. Uns, wenn ihr uns was schreiben wollt, zukommen lassen wollt, dann macht es gerne da. Ihr könnt unter den Folgen direkt kommentieren. Ansonsten findet ihr uns prinzipiell auf Instagram unter dem Händel deck.at deckeln. Auf Facebook heißen wir zwischen zwei Deckeln und bei Mastodon heißen wir zzd.podcast.social und genau, das bespielen wir mal weniger regelmäßig, mal sehr regelmäßig. Aber genau, ich glaube, wenn ihr diesem Podcast jetzt schon folgt, dann dann bespielt euer Podcatcher euch einfach mit neun Episoden und dann kriegt ihr auf jeden Fall das Relevante mit, nämlich, dass wir alle drei Wochen erscheinen. Und ja, wir freuen uns, wenn ihr beim nächsten Mal wieder mit dabei seid. Das ist dann eben in drei Wochen. Das kriegt kein Podcatcher, das, glaube ich, richtig einsortiert. Das fällt mir immer wieder auf. Die behaupten wahlweise alle zwei Wochen, alle vier Wochen, aber genau, es sind alle drei Wochen, erscheinen wir für euch am Donnerstag. Damit wünsche ich euch ein, einen schönen Herbst oder so und wir freuen uns auf das nächste Mal. Macht’s gut. Tschüss.

Music:
[1:15:10] Music

Quellen

Intro und Outro der Episode stammen aus dem Stück Maxixe von Agustin Barrios Mangore, eingespielt von Edson Lopes (CC-BY).

Das Umblättern zwischen den Teilen des Podcasts kommt hingegen von hoerspielbox.de.

Zwischen zwei Deckeln findest du auch im sozialen Medium deiner Wahl: Mastodon, Instagram und Facebook.

Der Beitrag 081 – „Die Unterwerfung“ von Philipp Blom erschien zuerst auf Zwischen zwei Deckeln.

  continue reading

Luvut

1. Intro (00:00:00)

2. tl;dl Kurzzusammenfassung (00:04:22)

3. Buchvorstellung (00:05:01)

4. mehr Literatur und Ausstieg (01:03:05)

85 jaksoa

Artwork
iconJaa
 
Manage episode 443286122 series 2506947
Sisällön tarjoaa Nils Müller and Zwischen zwei Deckeln. Nils Müller and Zwischen zwei Deckeln tai sen podcast-alustan kumppani lataa ja toimittaa kaiken podcast-sisällön, mukaan lukien jaksot, grafiikat ja podcast-kuvaukset. Jos uskot jonkun käyttävän tekijänoikeudella suojattua teostasi ilman lupaasi, voit seurata tässä https://fi.player.fm/legal kuvattua prosessia.

In dieser Episode nehmen wir das Buch „Die Unterwerfung“ von Philipp Blom unter die Lupe, in dem er die Entwicklung einer Idee beleuchtet, die das Denken der Menschheit bis heute prägt: Die Vorstellung, dass es unsere zentrale Aufgabe sei, uns die Welt untertan zu machen. Blom führt diese Sichtweise bis zu den Anfängen der abrahamitischen Religionen zurück und zeigt, wie sie über das Christentum und die Aufklärung bis hin zur wissenschaftlichen Revolution und in den modernen Kapitalismus getragen wurde.

Shownotes

weitere Folgen und Literatur:

Transkript

Music:
[0:00] Music

Christoph:
[0:15] Herzlich willkommen zur Folge 81 von Zwischen zwei Deckeln, eurem Sachbuch-Podcast. Mein Name ist Christoph und ich habe heute Nils mit dabei.

Nils:
[0:23] Hallo zusammen.

Christoph:
[0:25] Ja, wir haben in dem Vorgeplänkel festgestellt, dass das quasi fast schon für euch HörerInnen ein neues Duo sein dürfte, nachdem wir diesen Podcast vor Jahren mal gestartet haben zu zweit, sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass wir dieses Jahr, glaube ich, noch gar nicht aufgenommen haben zu zweit. Von daher ist es zumindest für 2024 ein kleines Novum. Schön, dass es mal wieder klappt.

Nils:
[0:45] Ja, freut mich auch.

Christoph:
[0:47] Ja, was treibt dich gerade um? Womit beschäftigst du dich? Wie ist dein Jahr verlaufen? Ich weiß gar nicht, wie groß ich die Frage formulieren soll.

Nils:
[0:56] Ja, in der Größe der Frage muss ich immer mal überlegen, wo ich anfange sozusagen. Ja, was mich akut beschäftigt, ist, ich schraube mal wieder an Webseiten rum, wie man das so tut. Wenn man gerne an Webseiten rumschraubt, man nutzt jede Gelegenheit, das auch zu tun. Ich hatte ja irgendwie in der Folge mit Amanda schon mal angekündigt, dass ich wieder ein bisschen mehr auch ins Schreiben kommen will. Und dafür schaffe ich mir gerade die Strukturen und baue meine Webseite mal wieder so ein bisschen irgendwie auf andere Strukturen um, dass ich dann so ein bisschen da dann reinarbeiten, reinschreiben kann. Weil ich ja auch immer so ein bisschen nicht einfach irgendwas mache, sondern versuche so ein bisschen, ja, so einen Denkraum zu machen. Also, dass man mir sozusagen ein bisschen auch beim Denken zugucken kann in meinem Schreiben. Und so mit diesen vernetzten Notizen, Verlinkungen, Zettelkasten und da habe ich jetzt gerade mal ein neues Format für eine Webseite, wo ich meinen Weltenkreuzer gerade bei bin, umzustellen, was auch. Ja, aber wahrscheinlich gar nicht so weit weg mehr dann tatsächlich auch online gehen wird.

Christoph:
[1:51] Ah, wie schön. Ja gut, vielleicht nehmen wir dich dann mal wieder in die Shownotes auf, oder? Damit unsere Hörer… Ja, können wir gerne machen. Das ist weltenkreuzer.de, ich vergesse es noch. Genau. Ja, weltenkreuzer.de. Also da könnt ihr dann Nils demnächst wieder mehr beim Denken zugucken, zulesen, wie auch immer man das formulieren möchte. Ja, freue ich mich drauf.

Nils:
[2:12] Was steht bei dir an?

Christoph:
[2:14] Tatsächlich im Zuge der Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern arbeite ich mal an meinem Ostverständnis momentan bzw. An meinem Wissensbestand dazu und lese dazu gerade irgendwie Artikel, wenn sie passen. Dadurch, dass ich beim Deutschen Gewerkschaftsbund arbeite, ist das bei uns auch Thema, weil alle Politik interessiert sind. Also so in der Wochenplanung ist es einfach immer Thema, wie die Wahlergebnisse so waren. Aber die Bezirke beim DGB sind auch nach Möglichkeit immer so zusammengebaut, dass ein westdeutsches und ein ostdeutsches Bundesland zusammengepackt sind. Das heißt, bei uns ist das Niedersachsen-Sachsen-Anhalt zusammen. Und das heißt, es gibt da einfach immer eine direkte Arbeitsverknüpfung im Prinzip. Spannend. Genau, deswegen ist das gerade sowas. Ich habe gerade Ungleichverein von Steffen Mau als Hörbuch gehört. Das gibt es auf Spotify für diejenigen von euch, die das gerne mal hören möchten. Und dann sind es irgendwie auch nur viereinhalb Stunden oder so. Also auch nicht mehr als ein sehr langer Podcast. Ungekürzt? Ja, soweit ich weiß, ist es ungekürzt. Oh, krass.

Nils:
[3:24] Cool.

Christoph:
[3:25] Genau, und so ist das gerade bei mir, das ist so mein Thema momentan und ansonsten fahre ich in der nächsten Woche in den Urlaub und da freue ich mich sehr drauf und habe natürlich auch ganz, ganz viele Bücher im Gepäck und freue mich sehr aufs Lesen.

Nils:
[3:39] Also anders gesagt, wenn ihr diese Episode hört, ist Christoph schon im Urlaub, wenn ich das richtig verstanden habe.

Christoph:
[3:44] Ja, ja, genau, stimmt.

Nils:
[3:46] Also wenn ihr sie bei Erscheinen hört.

Christoph:
[3:48] Dann bin ich schon längst weg. Ja, genau, so ist es bei mir. Du hast uns heute ein Buch von Philipp Blom mitgebracht. Der ist ein Schriftsteller, Historiker, Journalist und Übersetzer, so wie es hier in den Notizen steht. Und das Buch heißt Die Unterwerfung. und wir haben beide auch im Vorgespräch gesagt, wir kennen den irgendwie eigentlich nicht so richtig und dann hast du mich darauf hingewiesen, dass der aber irgendwie jedes Jahr ein Buch schreibt und die auch gar nicht unbedingt so mega kurz sind. Also von daher bin ich sehr gespannt, was du uns mitgebracht hast und ich freue mich auf die Kurzzusammenfassung.

Nils:
[4:26] Ja, sehr gerne. In seinem Buch Die Unterwerfung zeichnet Philipp Blom die Geschichte der Idee nach, es sei die zentrale Aufgabe des Menschen, sich die Welt zu unterwerfen. Die Grundlagen dieses Narrativs sieht Blom in der Entstehung des Judentums, von wo aus es besonders über das Christentum, Aufklärung, Kolonialismus und wissenschaftliche Revolution in den gegenwärtigen Kapitalismus getragen wurde. Eine zentrale Rolle spielten dabei die Denker, die heutzutage als philosophischer Kanon gelten und die es schafften, die neuen Ideen zu integrieren und nutzbar zu machen, ohne gleichzeitig die grundlegende Überlegenheit der Menschen über die Natur infrage zu stellen.

Christoph:
[5:05] Das klingt extrem gut. Ich bin sehr gespannt, wie man diese Bögen so zieht und wie man das so auch in der Erzählung jetzt gleich strukturiert. Das klingt für mich nicht ganz trivial, das vielleicht so zusammenzufassen. Ich wünsche dir viel Erfolg.

Nils:
[5:19] Ich habe mir tatsächlich überlegt, dass ich euch erstmal den groben Bogen gebe und wir dann so ein bisschen in die Details natürlich nicht die ganz kleinen Details reingehen, dass ich euch erstmal grob durch die Argumentation führe und dann so ein bisschen nochmal ausführlicher mitnehme. Das ist, glaube ich, ein ganz guter Ansatz. Grundsätzlich, was Blo macht, er beschreibt im Grunde immer so, er nennt das nicht so, aber es las sich für mich so Kristallisationspunkte, so Kerne irgendwie, als Kern der Weltsicht, die die Ausbeutung der Natur rechtfertigen. Also er hat irgendwie so historisch, er macht das nie so richtig explizit, aber es zieht sich durch das Buch durch, so verschiedene Punkte, wo er sagt und jetzt ist das dasjenige, was das was das rechtfertigt. Und dabei sind diese Kerne immer, bewegen sich so gefühlt immer weiter weg vom Menschen, also von der direkten Verbindung zur Natur. Also sie machen die Trennung eigentlich immer stärker. Und sie sind in ihrer Konsequenz immer voller Widersprüchlichkeiten.

Nils:
[6:16] Die dann irgendwie, mit denen man umgehen muss. Und das ist das, was ich gerade im DL angesprochen habe, die Denker, die das irgendwie vereinbart gekriegt haben, diese Widersprüchlichkeiten. Das sind die, die wir heute als Kanon verstehen. Also wir haben im Grunde keine echten ideengeschichtlichen Brüche in diesem Prozess drin. Aber, das sagt er auch, das zeigt er an ein, zwei Stellen auch mal an ganz schönen Beispielen auf, es gab immer auch andere intellektuelle Strömungen. Die haben sich nur halt nicht durchgesetzt, sind vereinzelt heute durchaus bekannt, aber immer so als die Underdogs, die sich nicht durchsetzen konnten. So Stichwort Spinoza oder Montaigne, die man heute kennt, die auch immer mal wieder hervorgeholt werden, aber die jetzt nicht so Teil des großen, Teil des großen Skanos sind.

Christoph:
[6:59] Das ist eher so zweite Reihe der Philosophiegeschichte quasi.

Nils:
[7:02] Ja, exakt. Und für ihn ist einer der Gründe dafür, dass sie eben auf diese Widersprüche hingewiesen haben, dass sie die explizit gemacht haben und nicht weitergebaut haben. Und das finde ich auch was Schönes, wenn man diesen Gedanken auch ins Heute überträgt, da findet man dieses Muster ja auch wieder sehr schön. Aber dazu vielleicht am Ende der Folge. Den Anfang, den sieht er tatsächlich in den, ja, abrahamitischen Religionen, sagen wir erstmal ganz allgemein, also in unserem westlichen religiösen Kontext, wo es als erstes im Grunde um die göttliche Seele und den schmutzigen Körper ging.

Christoph:
[7:41] Die körperliche Seele und den schmutzigen Körper.

Nils:
[7:44] Genau, also da gehen wir gleich ein bisschen ins Detail, aber so Stichwort Augustinus, wo es dann eben darum geht, die Triebe zu beherrschen, sich selbst unter Kontrolle zu haben, sich nicht eben von dem schmutzigen, in Anführungszeichen, Körper beherrschen zu lassen, sondern den Körper zu kontrollieren, Askese zu leben. Also diese Art von innerem Konflikt, also jetzt noch gar nicht Beherrschung nach außen, sondern Beherrschung im Inneren der Seele, die den Körper beherrscht, was damit dann einhergeht, dann sich im Laufe der Zeit entwickelt, dass das sich eben auch ein bisschen nach außen richtet und dass dann aber vor allen Dingen nach und nach Machtkonflikte religiös aufgeladen werden. Also das ist auf einmal, wenn ich irgendwie eine, dass diese Gewalt, also dass das vermählt wird mit Gewalt gegen sich selber, Gewalt gegen andere, Herrschaft über andere und das ist jetzt nicht mehr nur ich bin stärker, sondern das ist das moralisch Richtige.

Christoph:
[8:43] Mhm, okay, ja.

Nils:
[8:46] So, weil die können sich nicht beherrschen, deswegen beherrsche ich sie, weil die Beherrschung ist das moralisch Richtige. Also da kommt diese Vermischung von Beherrschung und Moral ganz stark ins Spiel. Sie bringt aber einen Konflikt mit. Sie bringt nämlich den Konflikt mit, dass Moral und Grausamkeit auf einmal irgendwie übereingebracht werden müssen. Das ist ja so eine Kernfrage auch im Grunde in der christlichen Religion. Wo kommt das Böse her? Wenn wenn Gott es doch gut meint, also jetzt sehr salopp formuliert, ähm, Und diese Spannung trägt sich im Grunde immer weiter durch. Die wird nie wirklich aufgelöst.

Christoph:
[9:26] Okay, ja, ja.

Nils:
[9:27] Also das ist so ein bisschen der Ausgangspunkt, eben dieser religiöse Akt, dass die Seele das Göttliche ist und das irgendwie über allem zu stehen hat. Vor allen Dingen eben über dem Körper sozusagen. Und dass das dann irgendwie auch dann dahin geht, dass dann Eroberungen, die haben dann mit Herrschaft zu tun, das wird dann eben auch moralisch aufgeladen. Dann kommt das, was wir Aufklärung nennen oder Renaissance und Aufklärung, das vermischt sich ja immer so ein bisschen, auch wenn es ein paar hundert Jahre auseinander liegt und das löst ja im Grunde diese Idee der Seele von Gott. Was sie im Kern aber macht, ist, setzt die Vernunft an die Stelle der Seele mit mehr oder weniger denselben Konsequenzen.

Christoph:
[10:09] Magst du das noch ein bisschen ausführen? Ich glaube, das hat sich für mich noch nicht ganz direkt erschlossen.

Nils:
[10:14] Kann ich kurz machen. Wie gesagt, wir gehen nachher noch ein bisschen ausführlicher in die Themen rein. Aber die Seele ist ja jetzt das spezifisch Menschliche, was den menschlichen Fleischkörper zum Menschen macht, sozusagen. Das ist ja so ein bisschen die Idee. und was die Vernunft macht, was die Aufklärung vor allen Dingen macht, ist, es ist halt nicht mehr die Seele, es ist nicht irgendetwas so, aber es gibt immer noch etwas, was spezifisch menschlich ist, nämlich die Vernunft. Und damit ist es jetzt die Vernunft, die den belebten, Fleischsack zum Menschen macht. Ich formuliere es jetzt mal ein bisschen konsequent und im Grunde ändert sich strukturell an der Stelle nichts.

Christoph:
[10:57] Ja okay, wir sind immer noch die besonderen Tiere, nur wir haben jetzt eine andere Begründung.

Nils:
[11:01] Genau, exakt. Was halt passiert, was jetzt vor allen Dingen so, Stichwort René Descartes, was er halt macht, ist diese klare Trennung von Geist und Körper. Körper. Sozusagen es gibt eine immaterielle Welt und es gibt eine materielle Welt und die materielle Welt ist das der Wissenschaft, das ist das, was wir beherrschen können, worüber wir.

Nils:
[11:27] Erklären können, was wir steuern können, was wir kontrollieren können. Das ist so ein bisschen die Spielwiese der Vernunft und dann haben wir irgendwie die interne Welt. Das ist halt die Religion. Also so diese Trennung, das ist das, was ich meine. Es bringt diese Welten irgendwie zusammen, auch wenn sie nicht zusammenpassen. Ich muss nicht die religiösen Überzeugungen, diese moralische Aufladung hinterfragen, nur weil ich auf einmal der Wissenschaft hinterherlaufe. So, das ist so ein bisschen hier ein Move, wo das passiert. Was dann passiert, weil es eben immer auch um Beherrschung von anderen Menschen geht. Wir sind immer auch bei der Gewaltausübung gegen andere Menschen. Da fällt dann irgendwann im Prozess der Aufklärung vor allen Dingen Religion als Rechtfertigungsgrund weg. Weil man merkt, ja, nur weil jemand nicht nicht christlich ist, heißt das nicht, dass er irgendwie weniger wert und so. Was dafür dann ins Spiel kommt, ist die Hautfarbe. Na klasse, wäre super. Ja, genau. Wir haben das sozusagen ersetzt. Wir haben da ein anderes Anlage gefunden und das fällt auch gut zusammen so mit dem Aufkommen dieser Erzählung von den Wilden, von den Unzivilisierten, den Unvernünftigen. Das sind eben die, die sich selber und die Natur um sich herum nicht beherrscht kriegen, in Anführungszeichen, weil die es nicht tun.

Christoph:
[12:37] Ja, okay. Und zu dieser Erzählung gehört ja auch eine Pseudowissenschaftlichkeit, ne? Mhm. Genau. Die natürlich völlig verfehlt ist, aber da ja trotzdem als Legitimations… Legitimationsgrund mit reinspielt.

Nils:
[12:52] Genau, das kommt dann tatsächlich auch im nächsten Schritt. Ich wollte noch kurz den Bogen spannen zum Buch Anfänger von David Draper, was ich ja auch hier vorgestellt habe, wo er im Grunde genau die Herkunft auch dieser Erzählung der Unzivilisierten, der Wilden, wo er das auch ein bisschen rausarbeitet. Der Bogen, den das Buch macht, ist genau der Bogen, den du auch gemacht hast gerade. Das ist im Grunde das Fortschreiten von Vernunft zur Wahrheit, also dass man sozusagen aus der menschlichen Vernunft eine objektivierbare Wahrheit macht, das also sozusagen auslagert aus dem Menschen, irgendwie rausversetzt und damit natürlich auch nochmal im Grunde so einen neuen, Kristallisationskern schafft, weil jetzt ist was die Wissenschaft sagt und die Wissenschaft erlaubt es uns, das zu kontrollieren und deswegen kontrollieren wir das jetzt so. Da sind wir schon gar nicht mehr so weit weg von den Weltbildern, die wir heute so haben und da kommt dann eben auch genau das ins Spiel, was du gerade angesprochen hast, Rechtfertigung, Rassenkunde, Eugenik, auch natürlich Natürlich ein Sexismus, Frauenfeindlichkeit, die ja auch da teilweise herkommt, wo es eben auch dann wieder genau darum geht, auch gesellschaftliche Machtstrukturen mit diesem Kristallisationskern sozusagen in Einklang zu bringen, um diese Spannung wieder aufzulösen.

Christoph:
[14:02] Ja, okay.

Nils:
[14:03] Zu rechtfertigen, warum behandeln wir die Schwarzen so schlecht? Ja, weil unsere Rassen, in Anführungszeichen, Wissenschaft sagt und so weiter und so fort. Und dann gibt es aber noch einen letzten Schritt nach dem wissenschaftlichen, das ist der Kapitalismus. Und da sagt jetzt Blom, und das finde ich auch nicht völlig unschlüssig, gibt erstmal der Schritt zu Markt und Konsum als moralischem Gut. gut. Also jetzt ist auf einmal konsumiere, besitze und das ist irgendwie die moralische Aufwertung, das ist die Herrschaft über die Welt, die Kontrolle über die Welt. Das hat dann auch seinen Bezug zu Hartmut Rosa auf einmal, der da ins Spiel kommt. Aber jetzt werden die Widersprüche immer deutlicher. Oder vielleicht nicht deutlicher, aber sie kommen uns nochmal entgegen, weil wir jetzt merken, in dem, was wir sagen, so dieses Vernünftige, das Wissenschaftliche, dieses Kontrollierende, darin sind Maschinen besser als wir.

Nils:
[15:24] Ja, ja, ja. die meisten Menschen ausbeuten. Also Stichwort Aufmerksamkeitsökonomie, dass man halt jetzt nicht mehr die Ressource der Natur ausbeutet, sondern die Ressourcen der Menschen, nämlich zum Beispiel ihre Aufmerksamkeit, im Rahmen von so Internetdingen, YouTube-Werbung, Algorithmik und so weiter und so fort, die Leute eben an die Aufmerksamkeit zu binden und diese dann eben als Ressource weiter auszubeuten.

Christoph:
[15:51] Ja, okay, also ich meine, Ich meine, also Naturausbeutung im Sinne von Energieproduktion steht ja trotzdem weiterhin dahinter. Also die Energieaufwendungen sind ja groß, aber die läuft sicherlich einfach nur noch quasi peripher mit. Also sie ist eine Notwendigkeit und nicht mehr das, womit man den Wert schöpft.

Nils:
[16:06] Und sie ist ja auch ein bisschen rückläufig in ihrer Tendenz. Also sie fängt zumindest an, langsamer zu wachsen, wenn nicht sogar so ganz, ganz langsam an eventuell auch zurückzugehen.

Christoph:
[16:17] Ja und wir also der Gesamtenergieverbrauch ist ja immer noch enorm hoch, aber wir, zumindest ökologisieren wir ihn ein Stückweise, ne? Genau Mal gucken, lass uns in zehn Jahren nochmal sprechen, mal gucken, wie gut das dann geklappt hat, aber wenn man möchte, kann man an positive Kipppunkte glauben aber ja, okay, ich verstehe den Punkt der unterschiedlichen Art der Ausbeutung, das ergibt Sinn Genau So,

Nils:
[16:43] Das war im Grunde der große Bogen.

Christoph:
[16:47] Durch das Buch.

Nils:
[16:48] Der ist jetzt vielleicht klarer geworden, hoffe ich, bei dir.

Christoph:
[16:53] Ja, ich glaube schon, genau. Das ist dann ein kleiner Parfumsritt, von daher freue ich mich auf die Details, aber ja, ich glaube, der große Bogen ist soweit klar.

Nils:
[17:02] Genau. So, jetzt springen wir sozusagen wieder zurück an den Anfang und gucken uns mal die Entstehung sozusagen dieses Mythos an. Erstmal geht Blom so ein bisschen darauf ein, was mit vorgeschichtlichen, prähistorischen, wie man es üblicherweise nennt, Gesellschaften war, die natürlich für ihren Lebensunterhalt extrem auf eine enge Beziehung zur Natur angewiesen waren, in irgendeiner Form. Er ist da aber so ein bisschen angenehm offen, er legt sich da nicht fest, dass er sagt, es kann durchaus sein, dass dieser fehlende Hinweis darauf, dass sie das systematisch unterwerfen wollten oder dass das Teil der Mythologie war, die Welt zu unterwerfen, dass das gar nicht irgendwie ein moralischer Punkt war, sondern dass es einfach sich aus fehlender technischer Reichweite ergab. So, die hatten gar nicht das Gefühl, das zu können oder konnten gar nicht daran denken, das eventuell zu können, deswegen haben sie es nicht gemacht. So, also der stellt sich so ein bisschen dagegen, so damals waren die Menschen noch irgendwie gut und haben irgendwie so den, haben im Einklang mit der Natur gelebt oder so, sondern ja gut, die hätten auch gar nicht gewusst, wie sie es anders tun sollen, insofern ist das nicht so überraschend. Das fand ich einen schönen kleinen Punkt an der Stelle.

Nils:
[18:13] Jetzt ist noch so ein bisschen die Frage, wo ist es dann hergekommen und da hat Blom ein interessantes Argument, das ich mit ein bisschen Vorsicht wiedergebe, weil ich mich einfach in dem Bereich viel zu wenig auskenne, um auch nur ansatzweise einschätzen zu können, was an diesem Argument dran ist und weil man es, wenn man es bewusst, wenn man es missverstehen will und man kann es auch missverstehen, auch als antisemitisch lesen könnte. Deswegen gebe ich das hier vorweg.

Christoph:
[18:44] Ich habe auch keine Expertise im Feld. Also genau, ich werde zuhören und kann es, glaube ich, aber auch nicht einordnen.

Nils:
[18:50] Also Ausgangsposition ist Bloms Behauptung, die würde ich jetzt vermutlich zustimmen, weil es wäre wissenschaftlich leicht zu überprüfen, dass ein Großteil der jüdischen Bibel, also der Tora, vor allen Dingen zusammengestellt wurde und formalisiert wurde, als eben die jüdischen Exzellenten in Babylon lebten. So, also im Exil. Das der Punkt war, wie schreibt er, im babylonischen Exil wurden die Judäer zu Juden, nicht nur weil die Erfahrung des Exils so untrennbar mit der jüdischen Geschichte verbunden war, sondern auch, weil die verbannte Elite sich dran machte, die schriftlich und mündlich überlieferten Traditionen ihres Volkes zu sammeln, auszuwählen und in einer kanonischen Version festzulegen.

Christoph:
[19:32] Mhm. Also ein Identitätsbildungsprozess. Genau.

Nils:
[19:37] Also da würde ich jetzt mal behaupten, das ist wahrscheinlich, also das klingt für mich, als wäre es etablierter Stand der Wissenschaft, weil das wäre sonst sehr leicht zu widerlegen. Und was er interpretiert ist, dass diese Situation ist eine Situation der Machtlosigkeit. Das ist eine Situation, in der die Judäer, die Vorjuden sozusagen, oder Juden, ich weiß nicht genau, wie da die Bezeichnung ist, machtlos waren oder sich machtlos fühlten und so weit weg davon waren, sich die Welt zu unterwerfen, wie man es sich nur vorstellen kann.

Christoph:
[20:07] Ja, ja. Ja.

Nils:
[20:08] So. Und jetzt bringe ich wieder ein Zitat, damit ich das nicht falsch wiedergebe. Die Ambition, sich die Erde untertan zu machen, war eine Fantasie, eine rhetorische Position, die vielleicht ermutigen sollte oder aus Trotz heraus formuliert wurde, die aber keiner Wirklichkeit entsprach. Die Bibel wurde nicht nur die Heimat eines Volkes, sondern auch ein imaginärer Ort, an dem sie jemand anders sein konnten. Nicht mehr Sklaven und Exzellenten, sondern Herren im eigenen Haus.

Christoph:
[20:34] Okay. Ja.

Nils:
[20:35] So. Diese… der Wahrheit dieser Aussage hängt eine ganze Menge Argumentation des kompletten Buches. Deswegen habe ich die jetzt hier so ein bisschen ausführlicher dargestellt. Ich finde das ein sehr spannendes Argument. Ich finde das jetzt aus seinem Reihen, ich lese das ohne mich in der historischen, auch nicht ganz unplausibles Argument, weil solche Mechanismen kennen wir historisch aus anderen Positionen. Finde ich einen super spannenden Punkt, dass im Grunde diese Unterwerfung, der sagt das hier, ob das jetzt als Pep-Talk oder als Trotz gedacht war, können wir nicht rekonstruieren. Aber dass das im Grunde so ein bisschen der Ursprung ist dessen, was wir jetzt noch erleben.

Christoph:
[21:17] Ja, ich meine, also so, also ich will nicht sagen, dass er monokausal erklärt, aber es hat ja also einen monokausalisierenden Erklärungsansatz vielleicht so. Da bin ich natürlich erstmal per se skeptisch, weil das kann offensichtlich nicht alles erklären. Aber natürlich so ideengeschichtlich Gedanken zurückverfolgen hat schon einen gewissen Reiz. Das kann schon sehr interessant sein.

Nils:
[21:44] Also es geht jetzt, er sagt auch nicht, das war daraus, sondern es ist so die Quelle und dann ist natürlich immer noch ganz historisch passiert, dass das zur global dominanten Form werden könnte. Da geht er auch noch sehr ins Detail und zeigt das an etlichen Stellen auch noch, finde ich, sehr schlüssig auf, aber das fand ich so als Ursprung dieser Idee, fand ich das sehr, sehr spannend. Genau, dann geht er auch schon relativ zügig weiter ins Christentum, weil das ist der eigentliche Punkt. Er geht ja nur von diesem Anker aus, aber der eigentliche Träger dieser Idee ist dann das Christentum, weswegen ich da auch so ein bisschen wenig den Vorwurf des Antisemitismus reinlegen würde, weil danach sind es alles die Christen. Und da geht er dann irgendwie zu, bis hin zu Augustinus, wo dann eben genau das passiert, dass, Augustinus eben auch schon anfängt, einen klaren Unterschied zu machen zwischen Mensch und dem Rest der Natur und vor allen Dingen eben diese innere Spaltung sozusagen zwischen Seele und Körper irgendwie aufmacht und die Unterdrückung dieser biologischen Impulse, dieser natürlichen Aspekte, dass das irgendwie, die Seele ausmacht, dass das irgendwie Kern der christlich-religiösen Praxis sozusagen ist.

Christoph:
[23:06] Wo sind wir da so zeitlich? Das muss irgendwie, keine Ahnung, 300, 400 irgendwas nach Christi sein, ne?

Nils:
[23:13] Da bin ich jetzt auch überfraglich.

Christoph:
[23:15] Ehrlich gesteht. Ich habe mir keine Jahreszahlen aufgeschrieben.

Nils:
[23:18] Augustinus von Hippo, ja genau, viertes Jahrhundert.

Christoph:
[23:21] Okay, das ist schon ein bisschen länger her, ja.

Nils:
[23:24] Ja, ja, wir sind noch sehr früh. Wir machen gleich aber kräftige zeitliche Sprünge. Und da kam dann eben diese göttliche Überlegenheit, diese Dominanzidee. Was da dann ins Spiel kam, war halt die Vermischung von der Ausweitung des Reiches, gerade des römischen Reiches an der Stelle noch, und der moralischen Überlegenheit. Also dass im Grunde die weltliche Herrschaft ganz eng irgendwie mit religiöser Herrschaft oder spiritueller Herrschaft verbunden wurde. Und dann auf einmal eben auch im Grunde zwangsläufig ergibt, dass irgendwie diese Logik entsteht, was im Namen der Kirche geschieht, ist Gottes Wille. Und damit, weil im Namen der Kirche Gewalt geschieht, wird Gewalt zu Gottes Wille und damit wird eben Gewalt und Unterwerfung zu einer moralischen Aufgabe. So. Das war so ein bisschen die Position. Leider haben wir dann nicht viel, was er macht, zu dem, was man üblicherweise Mittelalter nennt. Das ist halt dann ein Prozess, der sich einfach im Laufe der Jahrhunderte immer weiter verfestigt, immer weiter etabliert. Und dann springt er im Grunde ins 16. Jahrhundert ungefähr. Also in das… Oh, okay.

Christoph:
[24:42] Wir überspringen gute tausend Jahre. Ja, genau.

Nils:
[24:45] Ja, das ist, wie gesagt, da gibt es auch viele Texte, die da auch nochmal genauer reingucken in die Zeit, gerade auch was Religion und Bildung in der Zeit, da gibt es von John Frehley, heißt er, glaube ich, ein gutes Buch, Aristoteles in Oxford, wo er irgendwie zeigt, was in dem, was wir üblicherweise im Mittelalter nennen, so an Grundlagen gelegt wurde, dafür, dass wir sowas wie Wissenschaft und Aufklärung und Renaissance und sowas überhaupt haben konnten.

Nils:
[25:09] Fehle ich in dem Kontext auch sehr zum Lesen, ist aber jetzt auch schon zehn Jahre her, dass ich das selber gelesen habe. Jetzt kommen wir nämlich zu der Frage, warum hat sich das Christentum denn diese christliche Idee so weit durchsetzen können? Und da haben wir tatsächlich einfach, also Blum schreibt das auf vielen Dimensionen dem Zufall zu. Er sagt, Europa hatte Glück, wenn man das Glück nennen möchte. Das ist zu der Zeit, als es selber irgendwie anfangen, hochseetaugliche Schiffe zu entwickeln, auch Schifffahrt ein bisschen zu skalieren, auch waffentechnisch in der Entwicklung war. Warum das kam, sagt er dann auch ein bisschen was zu. Es hatte Glück, dass es gerade keinen globalen Konkurrenten gab, der einen ähnlichen Planeten haben könnte. China hatte das angefangen, tatsächlich. China hatte ja eine große Expedition, die Ming-Expedition gemacht, wo sie wirklich eine gigantische Flotte hatten, die glaube ich auch größer war als alles, was wir in Europa jemals gesehen haben. Wo sie eben auch viele Protektorate in gewisser Weise in Ostasien gerade erobert hatten, in gewisser Weise unterworfen hatten, jetzt nicht immer unbedingt militärisch, sondern durch reine Machtdemonstrationen sozusagen, auch was den Handel angeht. Östlich von Afrika war China damals sehr groß, hat dann aber Anfang des 16. Jahrhunderts hat die kaiserliche Regierung die Zerstörung aller hochseetauglichen Schiffe beschlossen und auch aller Dokumente über diese Expedition, weil sich China zu dem Zeitpunkt nach innen wendet.

Christoph:
[26:38] Ja, genau, das finde ich historisch extrem spannend. Ich bin da nicht sonderlich bewandert, aber genau, dass China, also… Ich kenne von jetzigen politischen Gründen sowohl aus China als auch aus Indien die Erzählung, naja, quasi die Phase der westlichen Dominanz ist nur eine global-historische Zwischenphase. Also wir waren mal riesig und groß und bedeutend und naja, jetzt sind halt kurz mal die USA und meinetwegen auch Europa dran, aber das wird sich schon legen und in Großperspektive wird das eine kurze Phase sein. Aber dass China offenbar irgendwann, und ich weiß eben nicht genau warum, entschieden hat, wir haben kein expansives oder so expansives Imperialverständnis, ich würde sagen ein Reichsverständnis, ja vermutlich schon, aber nicht diesen Imperiumsanspruch und dieses Greifen nach der kompletten Welt, wie wir das eben aus unseren Gegenden hier kennen, finde ich extrem spannend. Und genau, wenn es dafür plausible Erklärungen gibt und gute Textverlinkungen, schreibt sie gerne in die Kommentare, weil das würde mich wirklich interessieren, wie das passiert ist.

Nils:
[27:51] Also Blum führt das so ein bisschen aus, jetzt nicht so super ausführlich. Er beschreibt dann auch, dass China zu der Zeit auch schon ein sehr großes eigenes, also Kontinentalreich sozusagen hatte, eine Landmasse in sich, die es zu verwalten und zu kontrollieren hatte. Und dafür im Grunde auch einen sehr ausgezeichneten Verwaltungsapparat. Das Problem ist, dass dieser Verwaltungsapparat in Friedenszeiten zwar sehr gut funktioniert, aber in Krisenzeiten nicht. Auch wieder eine erstaunliche Parallele zu heute, fällt mir gerade so auf. Und dass beispielsweise durch Naturkatastrophen, durch einen durchbrochenen Damm, durch Rebellionen aus dem Inneren, durch Angriffe von außen, wahrscheinlich in dem Zeit, vor allen Dingen von den Mongolen, einfach empfindlich war. Und schwer aufrechtzuhalten war. Also im Grunde auch eine Geschichte, die das römische Reich auch hatte. So diese Schwierigkeit, dieses große, expansive Reich, was sie halt nach ins Land herein auch schon hatten, irgendwie aufrechtzuhalten und gleichzeitig irgendwie noch über See, also übers Meer noch irgendwie Territorien zu kontrollieren. Also das schien mir so ein bisschen sein Argument zu sein, was ja später an einer anderen Stelle auch nochmal so ein bisschen vertieft. Ich würde jetzt aber erstmal noch zum zweiten großen möglichen Konkurrenten gehen, das war nämlich das Osmanische Reich. Zu der Zeit.

Nils:
[29:09] Das hatte im Kern zwei Probleme. Das hatte im Kern das erste Problem, dass die Europäer auf einmal nicht mehr nur im Mittelmeer handeln konnten, sondern eben auch um Afrika herum nach Ostasien handeln konnten. Und das muslimische Reich halt große Kontrolle im Mittelmeer hatte, klar, weil das ist irgendwie sein Gebiet. Und es hatte aber vor allem das Problem, dass es eigentlich keinen anderen Hafen hatte als im Mittelmeer. Ja. Also es gab zwar den Hafen von Aden, was heute, ich weiß nicht, ist es nicht Saudi-Arabien, auf jeden Fall auf der arabischen Halbinsel ganz im Süden, aber der war halt sehr weit weg, der war schwer zu verteidigen und das war jetzt auch nicht so großes, so wirtschafts-, also internes Wirtschaftsgroßgebiet sozusagen. Da war halt nicht so viel drumrum. Der Kern des Osmanischen Reiches war halt eher um Istanbul herum, um Konstantinopel herum, nach Europa gewendet, Aber halt dann doch irgendwie an der Peripherie Europas und mit dem Wegfall des Mittelmeerhandels und mit dem Wegfall der, oder nicht Wegfall, aber mit dem immer weniger werdenden Handel über Land, weil man es jetzt halt mit dem Schiff konnte, wurde das Osmanische Reich einfach immer weniger wichtig.

Christoph:
[30:14] Ja, okay.

Nils:
[30:15] Und konnte sich deswegen auch nicht unternehmen. Erben ist übrigens heute im Jemen.

Christoph:
[30:18] Jemen, ja. Genau.

Nils:
[30:19] Sehr gut. War meine Vermutung. Ich habe mir jetzt nur den Namen des Landes gerade nicht eingefallen. Und dann gab es eben einfach keinen Konkurrenten, der es gekonnt hätte, weil die Völker in Nordamerika, Südamerika und in Afrika hatten einfach keine hochseefähige Schifffahrt. Und damit gab es niemanden sonst, der sich dem hätte systematisch in den Weg stellen können. So, das war jetzt so ein bisschen der Äußere. Es gab auch innere Strukturen, die dazu beigetragen haben. Blom zu folgen, und das finde ich auch wieder sehr spannend. Das ist nämlich im Grunde die dezentrale Struktur Europas. Weil, was wir am Beispiel China gesehen haben, China hat einen Herrscher und dieser Herrscher kann sich sehr lange halten, auch wenn er unfähig ist.

Christoph:
[31:08] Ja, okay.

Nils:
[31:09] Aber wenn es dann deutlich wird, dass er unfähig ist, dann ist auch gleich richtig. Katastrophe. Weil dann ist der Karren so richtig vor die Wand gefahren. Weil dann geht es halt gar nicht mehr. Während du in Europa immer so einen Wettbewerb, einen Ringen hattest. Du hattest Kriege, wo mal der wissenschaftlich-militärisch Überlegene oder der organisatorisch Überlegene oder der wirtschaftlich Überlegene sich durchgesetzt hat und seine Ideen verbreitet wurden. Dann hattest du natürlich durch die Kriege auch nochmal stärkeren Anreiz zu wissenschaftlicher Entwicklung.

Nils:
[31:39] Natürlich wie immer primär bei Waffen, aber immerhin etwas. Und da gab es, er nennt das tatsächlich die schöpferische Zerstörung des Krieges sozusagen. Immer wieder die Möglichkeiten, neu aufzubauen, neu anzufangen, gelernte Dinge neu anzusetzen. Und das wurde halt in Europa genau, geschah in Europa plus eben dieser missionarische christliche Aspekt, das Christentum in die Welt hinaustragen zu wollen und Menschen missionieren zu wollen. Also da trafen sozusagen Möglichkeit durch den technischen und auch sozialorganisatorischen Fortschritt und Wunsch dazu, eben expansives Christentum, trafen da aufeinander und haben genau dann dazu geführt, dass Europa es eben auch getan hat.

Christoph:
[32:54] Ja, okay. viele Leute einig sind, die nicht doof sind, hat es dann ja vermutlich eine gewisse Plausibilität. Aber ich wünschte mir, es wäre anders.

Nils:
[33:00] Ja, aber er sagt das halt auch. Sogar jetzt, wenn man auf die Renaissance-Malerei zum Beispiel in Italien guckt, die war ganz oft finanziert und gefördert durch die Grafen und Herzogin vor Ort, die sich ihre Machtposition sichern wollten. Oder eben, dass Menschen dann doch auch migrieren konnten oder Gebiete erobert wurden und neuen Strukturen unterlagen. Dass der Herrscher in Spanien sah, dass der Herrscher in Frankreich was machte, was irgendwie doch zu funktionieren schien und das dann vielleicht auch übernommen hat. Also es ist im Grunde, du hast eine Person oder eine Dynastie, die in ihrem eigenen Saft kocht und du hast, jetzt sind wir auch, das ist immer irgendwie Parallele in der Modernik. Ich habe das Gefühl, ich könnte auch genauso gut über die Jetztzeit reden, mit ein bisschen anders ausgetauschten Begriffen. Aber die Dynamiken sind exakt die gleichen. Du hast auf der einen Seite halbwegs funktionierende Märkte, wo viele Unternehmen mit neuen Ideen und relativ schnelle Feedback zügeln und man lernt voneinander und man entschließt neue Ideen und entwickelt neue Themen. Internet zum Beispiel in seiner Anfangsphase. und irgendwann wird es dann zur einen Dynastie, zur einen Idee, zum einen Gedanken, es gibt den Wettbewerb und die abweichen an Ideen und Gedanken nicht mehr und prompt hört es auf, sich zu entwickeln. Und das ist eine Dynamik, die haben wir in Europa in der Zeit eben gehabt, mit all ihren negativen Seiten, ich glaube, in den Kriegen gelebt zu haben, hat sicherlich keinen Spaß gemacht. Aus heutiger Perspektive sollten wir vielleicht fast froh sein, dass es sie gab.

Nils:
[34:29] Aber wenn das natürlich schwer zu sagen ist.

Christoph:
[34:32] Ja, ich meine, man weiß nicht, was gewesen wäre ohne, aber ich verstehe deinen Punkt.

Nils:
[34:40] Und in all den Bereichen, in diese Entwicklung reinkam man René Descartes mit seiner klaren Trennung zwischen Körper und Seele, also zwischen Immateriellem und Materiellem ist es bei Descartes und damit eben so ein bisschen Wissenschaft und Religion den Konflikt zu befrieden. Was jetzt in der nachrangigen Ideenentwicklung der große Nachteil, gerade von René Descartes Idee war, dass sie im Kern ein unwiderlegbares Dogma hat. Also während die Religion im Kern sowas hat wie, es gibt einen Gott, das ist irgendwas, worüber man nachdenken kann, wo man auch sagen kann, nee, gibt es nicht, so irgendwie, da kann man drüber diskutieren. Aber René Descartes Idee, das Einzige, worauf ich mich wirklich verlassen kann, ist das, dass ich denke, da kann man, da muss man schon sehr weit gehen, um darüber diskutieren zu können.

Christoph:
[35:33] Ja.

Nils:
[35:34] Das kann ich im Grunde nicht widerlegen, zumindest nicht logisch. Mhm. So, und das ist jetzt hier eher nur so ein Nebenargument, aber das fand ich noch einen spannenden Punkt. Was dann aber noch spannender wird, es gab zu der Zeit zwei Autoren, einen davon kennt man, beim zweiten habe ich jetzt tatsächlich schon wieder den Vornamen vergessen, weil man den eben nicht wirklich kennt. Der eine ist Michel de Montagne und der andere ist Bernardino Telesio.

Christoph:
[36:03] Also den zweiten habe ich gefühlt noch nie gehört.

Nils:
[36:06] Das waren so grob Zeitgenossen von Descartes. Und das waren im Grunde, also gerade Telesio war im Grunde so der erste hardcore induktive Empiriker, dass alles Geschehen in der Natur nur aus sich heraus verständlich wird, aus der vorurteilslosen Beobachtung. Die Welt habe genug unter grundlosen philosophischen Spekulationen gelitten, schreibt Blum über Telesio. Das ist erstmal sehr sympathisch.

Christoph:
[36:36] Finde ich.

Nils:
[36:37] Genau. Und auch, dass sie eben ganz stark auf so ein modernes Verständnis von Natur, also was wir jetzt in der westlichen Wissenschaft in den letzten 20, 30 Jahren so langsam angefangen haben zu entwickeln, so diese von Vernetzung, von gegenseitigen Abhängigkeiten, von komplexen Zusammenhängen, von chaotischen Systemen und so weiter und so fort. Also all das, was wir im Grunde so ab dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts angefangen haben zu entwickeln, in den letzten 50 Jahren.

Nils:
[37:07] Das wurde damals schon mehr oder weniger beschrieben. Gleichzeitig jetzt, doch, das ist, glaube ich, sogar tatsächlich Telesio, das ist nicht Blum, das ist Blum, der Telesio wiedergibt, hat der schon sehr präzise beobachtet, ich gebe jetzt einfach nochmal wieder ein Blum-Zitat, der menschliche Verstand zieht in das, was er einmal als wahr genommen hat, einmal als wahr angenommen hat, weil es von Alters her gilt und geglaubt wird Oder weil es gefällt, auch alles andere hinein, um jenes zu stützen und mit ihm übereinstimmend zu machen. Also was Telesio da beschreibt, ist im Grunde das, was wir heute auch erleben. Man nimmt die Erklärung, die man immer schon für wahrgehalten hat und rüttelt an denen nicht mehr. Und versucht, alles, was noch passiert, in diese Erklärung reinzuziehen. So, und das ist genau die Erklärung, die Telesio hier bringt. Ich kenne das immer, ich kenne das als kognitive Dissonanz. Die gute Standardzitation ist Festinger 1957, glaube ich. Aber anscheinend war das auch schon im 16. Jahrhundert bei Autoren durchaus Thema.

Nils:
[38:09] So, und das ist eben auch wieder, das ist so eine Perspektive hier, Thelese Montagne, die ist nicht Kanon der westlichen Philosophie. Weil sie eben genau an den bestehenden Überzeugungen, den bestehenden Weltbildern oder um mit Kuhn zu sprechen, den bestehenden Paradigmen einfach gerüttelt hat, weil sie die hinterfragt hat. Während die Perspektive von Descartes zum Beispiel, die war kompatibel. Die hat irgendwie das so aufgeteilt und man konnte sich nicht alle damit abfinden. Und ja, genau. Für mich war es völlig unproblematisch. Ein weiterer Autor, der auch zum ähnlichen Zeitraum auftaucht und auch heutzutage immer so ein bisschen als, du sagst jetzt gerade zweite Reihe, aber so ein bisschen als Rebellia auch gebrandet wird, ein bisschen später, genau, 17. Jahrhundert, dann ist Baruch de Spinoza.

Christoph:
[39:02] Auch da kenne ich mich wirklich 0,0 aus.

Nils:
[39:05] Genau, da gibt es ein hervorragendes Buch von Irving Yalom, dessen Bücher finde ich ja eh einfach nur großartig. Meistens ist es ein Psychotherapeut, der historisch-philosophische Romane schreibt. So, das Spinoza-Problem heißt der genau. Wirklich sehr, sehr, sehr lesenswert als Roman. Und Mauter Spinoza hat tatsächlich… Hatte eine sehr ketzerische Idee, also er kam selber, war selber Jude, ist aber von seiner Gemeinde dann entsprechend auch exkommuniziert worden, nachdem seine Ideen dann irgendwann so radikal wurden, weil Spinozas Kernidee, wenn Gott in allem ist, wenn er überall ist, wenn er sich nicht ändern kann, wenn er einfach da ist, dann brauchen wir ihn eigentlich gar nicht.

Christoph:
[39:55] Okay, ja.

Nils:
[39:56] Weil wenn er alles ist, dann ist er nix, so ungefähr, ne? Weil dann ist er irrelevant. Mhm. So, und dann ist es eben auch völlig illusorisch zu sagen irgendwie, dass Gott die Menschen beauftragen würde, sich die Welt untertan zu machen, weil warum sollte er das tun so ungefähr? Was ist die Logik dahinter? Und das ist dann ja, ist logisch, dass dann für ihn irgendwie für ihn sein Leben in seiner Gemeinde zu Ende war, weil es eben genau diese Reinigungsmechanismen quasi sind, die Telesio da oben beschrieben hat, die eben dazu führen, dass man sich solche Fragen eben lieber nicht stellt, wenn man irgendwie in den Tiefen steckt. Also auch da schon ganz klare Beobachtung, die eigentlich aus der Heute-Zeit kommen könnte. Das finde ich das Spannendste, gerade an dieser Passage.

Christoph:
[40:50] Da habe ich gedacht, so, ja.

Nils:
[40:55] Dann geht Blom auch noch auf ein Bild ein. Ein Bild kann ich euch im Podcast schlecht zeigen. Da werde ich wahrscheinlich dann aber einer der ersten Beiträge, wenn mein Blog wieder neu online ist, wird sich mit diesem Bild auseinandersetzen. Das heißt, der Vogel und die Luftpumpe, glaube ich, von einem Maler, von dem ich vergessen habe, wie er heißt. Irgendwas auf Derby.

Christoph:
[41:15] Der Vogel und die Luftpumpe. Wir werden es auf jeden Fall auch verlegen in den Show.

Nils:
[41:19] Ja, natürlich. Das ist eine sehr spannende Passage, die fand ich sehr, sehr cool, wo ich auch wieder dann dachte ich, der beschreibt heute. Und genau, dann kommen wir so langsam in den Bereich der Aufklärung. Das habe ich im Kern aber auch gerade schon gesagt. Da ist nicht so viel mehr drin, als eben diese Idee zu sagen, wir ersetzen jetzt die Seele durch die Vernunft. Es bleibt im Grunde das gleiche Motiv. Es ist ein bisschen anders gerechtfertigt. Es hat keinen Gott mehr im Hintergrund. Aber es ist im Grunde das gleiche christliche Motiv. Das sich einfach nur fortsetzt und das fand ich auch nochmal schön, da redet er dann von einem moderaten Mainstream in der Aufklärung und das ist auch wieder was, wo ich denke, das haben wir heute exakt genauso, wenn es ums Thema Klimakatastrophe vor allen Dingen geht, also du hast die, die irgendwie das konsequent durchdenken und konsequent auch die sehr unbequemen Fragen stellen und Aussagen treffen und du hast die, die irgendwie sich dazwischen es schaffen, sich dazwischen zu, durchlavieren und damit dann im Endeffekt irgendwie zum Kanon werden.

Christoph:
[42:29] Und das ist dann der moderaten Mainstream. Genau.

Nils:
[42:32] Also das ist auch nochmal ein wichtiges, wenn man über Aufklärung redet, gerade wenn man nicht tief drinsteckt, ich hab das auch lange gedacht, das war keine Bewegung gegen den religiösen Mainstream, sondern das war ein Versuch, den religiösen, Mainstream mit der aufkommenden Wissenschaft zu versöhnen.

Christoph:
[42:50] Das scheint mir auch, also es scheint mir eine Hauptherausforderung von den Weltreligionen zu sein, also zumindest von denen, die ich so ein Stück weit kenne und das ist halt dann schon primär das Christentum, aber der Kampf darum, die eigenen Anschauungen in wissenschaftliche Erkenntnisse einzupassen und nicht an Relevanz zu verlieren, nur weil Wissenschaft sich fortentwickelt und mehr Fragen beantworten kann und gleichzeitig aber glücklicherweise auch immer wieder neue aufwirft, scheint mir ein Kernproblem von Religion zu sein. Also vor allen Dingen, wenn man sich nicht auf so Letzt- und Riesenfragen nur kaprizieren möchte, sondern auch noch daneben Relevanz entwickeln möchte, ist das, glaube ich, wichtig für Religion.

Nils:
[43:44] Ja, definitiv. Genau, jetzt gucke ich gerade mal, wie wir weitermachen. Ein Beispiel, was er dann bringt, was wohl tatsächlich so in der Ideengeschichte ein ganz zentraler Punkt war, wo an der Bedeutung von Religion gesägt wurde, sozusagen, war das Erdbeben von Lissabon. Mitte des 18. Jahrhunderts, wo Lissabon nahezu vollständig zerstört worden ist. Wo eben tatsächlich so diese Idee, dass der Mensch in irgendeiner Hierarchie ganz oben steht, natürlich mal einen massiven.

Nils:
[44:19] Echtweltdämpfer sozusagen bekommen hat. Und das war ein so ein Punkt, wo dann eben nochmal, einfach Überzeugung, also gar nicht wo sagt, da ist dann irgendwas passiert, sondern das war so ein Moment, so ein Schockmoment, der der einfach da ganz viel dann in Zukunft vorangetrieben hat. Und wenn man jetzt eben sagt, dass Vernunft Glauben ersetzt, oder Vernunft die Seele ersetzt, dann wird halt das, was vorher die Missionierung war, wird halt der Fortschritt. Also jetzt ist nicht mehr Missionierung die, Menschensaufgabe, sondern es ist der Fortschritt. Und das ist jetzt auch durchaus eine Welt, in der wir immer noch irgendwie leben. Und dann kam eben das ganze Thema der Verdrängung und Ausrottung anderer Kulturen dann auch so langsam auf. Mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts, des 19. Jahrhunderts, da wurde das ja dann, nochmal im Kolonialismus, nochmal ganz stark, wo dann eben, es war ethisch gut und es war wirtschaftlich nützlich. Das ist dann natürlich die beste Kombination.

Christoph:
[45:22] Oh Gott.

Nils:
[45:24] Und auch hier, auch in dieser Zeit, gab es Menschen, die anders gedacht haben. Fand ich auch wieder sehr, sehr spannend. Die aber jetzt eben nicht als Kanon gelten. Eine dieser Personen ist Paul-Henri Thierry de Olbach.

Christoph:
[45:38] Okay, ja.

Nils:
[45:40] Sagt mir auch nix, dass der war, lebte Ende des 18. Jahrhunderts, genau, von 1723 bis 1789. Und war eben auch stark religionskritisch und da ist auch ein schönes Zitat, was im Grunde diesen Telesio-Bogen direkt fortsetzt. Der Mensch ist nur darum unglücklich, weil er die Natur verkennt. Sein Geist ist so sehr von Vorurteilen angesteckt, dass man glauben sollte, er sei für immer zum Irrtum verdammt.

Christoph:
[46:10] Schön, oder? Ja, das finde ich ist wirklich, das kann man sich einrahmen. Ja, da steckt ja wirklich total viel drin und sehr viel, ja, also wie spannend, dass man solche Autoren, ich glaube, das muss man vermutlich nicht gendern.

Nils:
[46:27] Ja, ich befürchte das auch.

Christoph:
[46:28] Befürchte das, tatsächlich von denen so wenig hört und so wenig weiß, weil offenbar gibt es ja die Quellenlage und man, also darüber Bescheid zu wissen, scheint ja möglich zu sein, wie uns der Autor hier zeigt. Also, ja. Interessant. Ich weiß nicht, in welcher Winkel des Philosophiestudiums man da abbiegen muss, damit man in so Bachelor-Master-Systemen so was vielleicht mitkriegt. Ja.

Nils:
[46:55] Gar nicht so sehr. Also es gibt einen Autor aus einer ähnlichen Perspektive, der tatsächlich auch sehr bekannt ist und es gibt eine literarische Strömung, der dieses Thema auch sehr wichtig war und die kennen wir wiederum sehr gut, das ist nämlich die Romantik. Ja, im Grunde genau, auch diesen Aspekt, da wird dann die Natur auch verklärt, das ist auch keine, Frage, also das ist jetzt auch nicht eine moderne Perspektive, aber die hat das immer wieder aufrechterhalten und es gibt ja jetzt auch mittlerweile, immer mal wieder so Ideen einer neuen Romantik oder sowas, die die eben genau diese Versöhnung wieder irgendwie angehen könnte. Und ein Autor, der eher, ich weiß nicht, ob ich es philosophisch sagen würde, aber der eben in dem Kontext auch sehr bekannt auch mittlerweile geworden ist, ist Alexander von Humboldt.

Nils:
[47:41] Der im Grunde mehr oder weniger direkt an so jemanden wie Olbach anschließend da ja auch viel zugeschrieben hat. Das war einer der ersten, der die Veränderung der Welt durch das Klima, durch den Klimawandel beschrieben hat zum Beispiel. Der ganz eng verbunden war mit diversen Unabhängigkeitsbewegungen und Widerstandsbewegungen in Süd- und Lateinamerika. Also da würde ich wirklich wärmstens genau für diesen Themenkomplex die beiden Bücher von Andrea Wulff empfehlen wie heißt es auf Deutsch das Alexander von Humboldt Buch, genau, auf Deutsch heißt es Alexander von Humboldt, genau und die fabelhaften Rebellen auch von Andrea Wulff, wo es eben um die Romantiker geht das sind zwei hervorragende Bücher, die das tatsächlich, erstens sehr unterhaltsam, zweitens aber auch inhaltlich sehr gehaltvoll so ein bisschen deutlich machen. Also gerade Humboldt, das hat mir echt da nochmal ganz anders irgendwie einen Blick eröffnet. Auf diesen anderen Blick. Also wir sind immer bei diesem Strang. Wir sind bei dem Mainstream, der dieses Unterwerfungsnarrativ fortschreitet. Wir sind immer mal wieder bei so einem Parallelstrang, der im Grunde die gleichen Dinge erzählt, die heute so Parallelstränge auch erzählen.

Nils:
[48:56] Und genau, dann kommen wir zum nächsten spannenden Thema, nämlich Rassismus und Sklaverei. Da geht, greift Blom vor allen Dingen die Studie von Eric Williams auf, aus den 40er Jahren, der im Grunde das übliche Narrativ umdreht. Das übliche Narrativ ist ja, die Weißen dachten, die Schwarzen werden minderwertig und deswegen haben sie sie ausgebeutet. So, Williams sagt jetzt im Grunde, sagt es andersrum und es passt auch zu dem, was Graber erzählt, was Graber schreibt, zum Beispiel, in Anfänge. Dass es im Grunde andersrum war. Die Weißen haben die Schwarzen ausgebeutet, um sich dafür zu rechtfertigen, haben sie Rassismus erfunden. Ja, okay.

Christoph:
[49:40] Also gerade bei der Sklaverei gibt es ja auch die, ja jetzt sind wir bei romantisch verklärten Erzählungen, also Romantik, dass sich irgendwann quasi die Moral durchgesetzt hat und man dann Sklaverei verboten hat. Und erstaunlicherweise hat sich parallel dazu herausgestellt, dass wenn man Menschen nicht noch versorgt, weil sie einem schlichtweg gehören, sondern sie dafür aufkommen lässt für ihre eigene Wohnung, dass es günstiger sein kann, einfach nur ihre Arbeitskraft auszubeuten und nicht noch für ihren Lebensunterhalt zuständig zu sein. Ja, schön. Und dass es sich auch ökonomisch einfach nicht mehr gerechnet hat, SklavInnen zu halten. Und dann konnte man glücklicherweise, also dann kann man sich aber moralisch auch noch schönreden, wenn man sagt, naja, vielleicht sollten wir auch aus moralischen Gründen damit aufhören.

Nils:
[50:29] Und genau, damals war es halt eher andersrum. Dann brauchtest du die moralische Rechtfertigung. Wir tun hier was, was moralisch irgendwie schwierig ist. Wir müssen es rechtfertigt kriegen. Okay, dann sind das jetzt halt Wilde. Und gleichzeitig sichert es uns auch noch gegen intellektuelle Vorwürfe, Vorwürfe ab, die jetzt bei Graeber wieder sehr stark sind, die eigentlich unfreien sind, weil wir uns ja irgendwie den Herrschern unterwerfen und so. Es gibt auch, an einer Stelle, das zieht ja nicht das ganze Buch, deswegen habe ich das nicht in die Narration reingestellt, an einer Stelle sagt er so schön, dass mit der Entstehung der ersten Städte die Menschen den städtischen Strukturen unterworfen wurden. Also nicht, dass die Menschen sich die Natur unterworfen haben, sondern, dass die Menschen sich selber unterworfen haben, sozusagen in die Stadt rein. Das ist natürlich eine Systemtheorie.

Christoph:
[51:14] Eine systemorientierte Perspektive, die mir sehr gefällt.

Nils:
[51:18] Die hat was für sich. Das ist aber ja auch ein Motiv. Das ist auch ein Motiv, das haben wir in der kritischen Theorie haben wir das. Das ist auch ein Motiv, irgendwo hatte ich es gerade noch gesehen. Die Menschen haben sich selber unterworfen. Das haben wir ja im Grunde bei der, Gesellschaftsvertragstheorie. Genau, da wollte ich hin.

Nils:
[51:38] Der Leviathan, dem sich die Menschen selber unterwerfen, weil nur er ihre Sicherheit garantieren kann und so. Gut, aber wir sind bei Rassismus. Jetzt müssen wir Rassismus und Wissenschaft irgendwie in Übereinklang bringen, weil das sind so zwei ganz zentrale intellektuelle Pfeiler sozusagen des 19. Jahrhunderts. Da bietet sich dann natürlich sowas an wie Rassenkunde, Eugenik. Also Eugenik ist der kontrollierende Teil, also ich züchte irgendwie bestimmte, Menschengruppen darauf hin, dass sie besonders gut irgendwie Dinge können, das ist natürlich jetzt aus heutiger Perspektive massiv problematisch und das gleiche aber immer auch noch moralisch abgesichert, weil es ist ja immer auch noch so das christliche, Narrativ dahinter ist ja immer auch noch so diese moralische Aufladung irgendwie dabei, so und dann kommen wir irgendwie zu dem Punkt, wo Gott dann tatsächlich so langsam seine Legitimationskraft verliert. Da ist es nämlich tatsächlich, das schiebt er so ein bisschen ins viktorianische England, zum großen Teil. Auch wenn ich jetzt gerade aus meinen Notizen nicht mehr nachvollziehen kann, warum.

Nils:
[52:53] Nee, genau, da hielt er das noch aufrecht, da bringt er nämlich auch den schönen Satz, ohne moralischen Unterbau, ohne die White Man’s Burden, ohne Missionszivilisatrice, kein Kolonialreich und kein Einkommen. Es ist immer noch dieser Gedanke, wir müssen das tun, wir haben diese Aufgabe von Gott gegeben bekommen, die Welt zu zivilisieren, dass uns das ökonomisch auch noch nutzt. Ja gut.

Christoph:
[53:19] Das ist uns so passiert, da wollen wir uns jetzt nicht gegen wehren.

Nils:
[53:23] Genau, das hat ja dann, das hat ja Weber in seinem Geist des Protestantismus, hat das ja dann sehr schön, zumindest für den religiösen Protestantismus aufgezeigt, dass das so ein bisschen die Abspaltung ist, die dann das Ökonomische auch noch moralisch auflädt, das auch explizit macht und nicht nur so ein bisschen implizit macht, wie das hier bleibt. Also wir bewegen uns jetzt aber auch so langsam auf das Ende des Buches zu, tatsächlich, was nach einer knappen Stunde auch gar nicht so schlecht ist. Jetzt kommt er nämlich genau zu diesem Element, dass wir irgendwann an der Stelle sind, dass die Maschinen besser in dem werden, was wir Menschen ja irgendwie als unser spezifisches, als unsere Stärke, Die Weltunterwerfung ist unsere Aufgabe und jetzt machen das auf einmal Maschinen für uns. Und da wird es jetzt schwierig. Was passiert denn jetzt? Wie, wie, oh so. Und er treibt das sogar noch weiter. Ich habe da so ein bisschen Anschluss gesehen. Machen wir erstmal da los. Es gibt ja dieses, ich weiß nicht, sagt dir Tazkriel was?

Christoph:
[54:21] Nee.

Nils:
[54:22] Als Begriff?

Christoph:
[54:22] Nee.

Nils:
[54:23] Das ist ein bisschen diese sehr libertär-faschistische Ideologie, die eben so von den großen Silicon Valley Milliardären, so à la Elon Musk und Peter Thiel und so weiter kommt. Also wo es, ich weiß nicht mehr genau, wofür es ein Akronym ist, aber da ist dieses Long-Termism, also dass wir jetzt gucken müssen, dass wir die Zukunft für die Milliarden von Menschen sichern. Da ist das Thema Transhumanismus in seiner jetzigen Ausführung so ein bisschen drin. Also wir müssen das Menschsein überwinden, wir müssen irgendwie auch zu Teilmaschinen werden. So dieses Motiv im Grunde drin. Also im Grunde zu sagen, okay, ja, die Maschinen sind darin besser als wir, deswegen müssen wir mehr werden wie die Maschinen. So, und das sehen wir jetzt eben auch, und das ist jetzt, jetzt kommen wir zu diesem Punkt, wo wir uns selbst den Maschinen unterwerfen, in gewisser Weise. Und wir merken, die können das noch besser, okay, dann eifern wir denen nach oder werden zu denen.

Nils:
[55:22] Und das ist halt dann, wo er sagt, okay, jetzt unterwerfen wir uns irgendwie so den Entscheidungsstrukturen und Prozessen der digitalen Welt, wo wir dann sagen, okay, ihr werdet das irgendwie, werdet das nicht loswerden. Und dann gibt es ein sehr, sehr schönes Zitat. Ich weiß gerade nicht, ob das Blum selber ist, er kennzeichnet es zumindest nicht als Zitat. Goethes Zauberlehrling hat zwar Chaos geschaffen und wird die Geister, die er rief, nicht mehr los. Aber er hat auch Tinder entdeckt und gerade anderes zu tun, als sich mit wild gewordenen Besen herumzuschlagen. Das ist einfach ein so großartiges Zitat.

Christoph:
[55:55] Das ist richtig sehr, sehr gut, ja.

Nils:
[55:57] Ich weiß nicht, ich habe meine Notizen gar nicht markiert, aber ich habe das jetzt beim Überfliegen gelesen und dachte, okay, das muss ich bringen. Das ist so ein bisschen jetzt Blooms Gegenwartsbeschreibung ja okay das ist die Situation, in der wir sind wir sind jetzt irgendwie an den Punkt gekommen, mit diesem ganzen Unterwerfungsnarrativ, wo wir merken, irgendwas ist da grundsätzlich falsch irgendwas stimmt grundsätzlich nicht, aber hey swipe, swipe.

Christoph:
[56:18] Swipe, swipe Thema Aufmerksamkeit zur Ökonomie und so, ne?

Nils:
[56:25] Genau, und das macht er dann danach noch ein bisschen ausführlicher das muss ich jetzt glaube ich gar nicht gar nicht so sehr ins Detail gehen, weil das ist jetzt ein kapitalismuskritisches Motiv, was wir jetzt auch schon hier im Podcast ganz oft hatten. Dass wir jetzt eben, jetzt haben wir nicht mehr die Wissenschaft im Kern unseres Glaubens, sondern halt den Markt. Also auch hier wieder ein sehr schönes Zitat. Blum hat manchmal sehr, sehr schöne Sprachbilder. Nach den Apologeten der Religion kamen die Apologeten des Marktes. Erben der Theologen und Historiker und Professoren, die sich schon lange darin geübt hatten, Manifeste Widersprüche kunstvoll in schöne Bilder zu verwandeln.

Christoph:
[57:03] Okay, er kann offenbar schreiben.

Nils:
[57:05] Ja, definitiv. Also ich habe eine Weile gebraucht, in das Buch reinzukommen. Erst dachte ich so, weil gerade der erste Abschnitt, der so beim Mythos und der Vorgeschichte ist, der ist sehr vage, der ist sehr irgendwie, der sprichwörtliche Pudding an der Wand. Aber er rettet sich daraus. Er rettet sich daraus und wird dann im Ende wird das Buch wirklich, wirklich richtig lesenswert. Ja, dann eben Heilsgeschichte des Marktes Und er sagt dann irgendwann noch, sagt er das selber, ich glaube, das ist meine Notiz, dass man irgendwann die Werbung sozusagen zur Predigt wird, also nicht mehr irgendwie der Pfarrer, der predigt irgendwie vorne hier, halte deine Triebe im Zaum, sondern die Werbung, die der predigt, hier kaufe dieses Deo, dann wirst du die Transzendenz erleben.

Christoph:
[57:56] Genau, halt aber ja auch wirklich immer stärker als Lebensstilvermarktung im Prinzip. Also Werbung ist ja hoch emotionalisiert, es geht ja wirklich kaum noch um das eigentliche Produkt, sondern wenn du dieses Bier kaufst, erlebst du Freundschaft, weil deine FreundInnen so gerne mit dir anstoßen. Also dieses Bier wird dir dein Grundbedürfnis nach Zusammengehörigkeit erfüllen, was natürlich Humbug ist, offensichtlich.

Nils:
[58:29] Ja, exakt. Und dann kommen noch so ein paar, ich hatte diesen Begriff des Moderate Mainstream gerade gebracht, falls du dich erinnerst bei der Aufklärung, jetzt sehe ich gerade, der war nicht von Brom selber, der kommt von Jonathan Israel. Einfach nur als Quellenangabe sozusagen an der Stelle. Der Autor als Autor sagt mir jetzt direkt tatsächlich nichts. Mir auch nicht, ja. Genau, und dann kommt ja noch so ein bisschen, dass ja auch noch mal so ein bisschen der Punkt ist, dass wir jetzt ja mittlerweile sogar wissenschaftlich an der Stelle sind, wo wir sogar hinterfragen müssen, ob wir Menschen irgendwie abgeschlossen Individuen sind. Wenn man jetzt so die Bedeutung von Bioorganismen im Darm und so weiter, wie war das, wir haben 30 Milliarden, ne, 35 Milliarden Zellen und 30 Milliarden Mikroorganismen oder sowas. Echt, ich kenne die.

Christoph:
[59:15] Die Quantifizierung kann ich nicht.

Nils:
[59:18] Irgendwo lief das letztes Mal mir vorbei, diese Zahl. Ich habe jetzt noch keine Ahnung, ob diese Zahl was taugt und was sie genau aussagt. Aber das ist genau dieser Drang, okay, wir sind irgendwie … Dann doch irgendwie Fleischsack. Ja.

Christoph:
[59:33] Sehr. Ja, auch das Thema, ne, auch, keine Ahnung, Viren sind gar nicht nur böse, sondern auch in uns leben halt Viren, die ganz viel Nützliches erbringen und so. Also irgendwie ist man mehr so ein wandelndes Biotop, ne?

Nils:
[59:47] Ja, genau. Ja, im Kern ist jetzt eben tatsächlich Sittblom uns an der Stelle, wo wir sagen, wir müssen irgendwie komplett neu denken. Diese zweieinhalbtausend Jahre Geistesgeschichte irgendwie anfangen. hinter uns zu lassen. Klar, kleiner haben wir es nicht. Als dominante westliche, als globaler Westen, der diese Kultur irgendwie vertritt und am stärksten internalisiert hat, gibt da wieder einen schönen Satz von ihm. Vielleicht wäre es an der Zeit, über eine psychologisch nicht grausame, artgerechte Haltung von Homo sapiens nachzudenken. Und jetzt kommt der Nachsatz dahinter. Also er beschreibt vorher Hagenbecks Tierpark, in dem es auch so Menschenschauen gab. Wo dann irgendwie Menschen aus Südamerika, aus Afrika quasi wie wie Zootiere im Grunde vorgeführt wurden. So, und er sagt jetzt eben diesen Satz, vielleicht wäre es an der Zeit über eine psychologisch nicht grausame, artgerechte Haltung von Homo sapiens nachzudenken. Sogar Hagenbecks Tierpark gab sich in dieser Hinsicht mehr Mühe als die sinistren Propheten der digitalen Zukunft. Oh Gott.

Christoph:
[1:00:44] Ja, das ist natürlich sehr hart. Ich weiß nicht, ob im Zweifel auch unnötig relativierend.

Nils:
[1:00:53] Das ist halt die Frage.

Christoph:
[1:00:54] Genau, das ist halt die Frage. Ich weiß nicht, ob man den Vergleich ziehen muss, aber ja, okay.

Nils:
[1:00:59] Ja, also er beschreibt, klar, es sind konkrete Grausamkeiten gegen konkrete Menschen, sind immer etwas anderes als abstrakte Ideen, bin ich voll bei dir. Aber er beschreibt halt vorher auch ein bisschen genauer, was da genau passiert ist und so und das war sicherlich massive Ausbeutung aber es war auch es war noch nicht auf dem Level der amerikanischen Sklaverei aber.

Nils:
[1:01:25] Nur ein bisschen grausam ja also da sind Vergleiche immer schwierig, aber ich finde diese Analogien, sie sind manchmal, manchmal braucht man sie, weil man dieses konkrete Leiden weil man dieses konkrete Leiden sieht, und dann sagt, okay, und das ist was, da steckt dieselbe Idee hinter. Ja, ungefähr. Auch wenn man natürlich immer vorsichtig sein muss, das konkrete Leiden nicht zu relativieren, weil noch leidet niemand so sehr unter diesem, ja, vielleicht mittlerweile aber auch schon, wir wissen es nicht. Da kommt wieder diese Ausbeutung, es ist billiger den Sklaven sich selber um sein Essen kümmern zu lassen, als ihn zu versorgen. Da sind wir jetzt im Extrem. Und das ist im Grunde so ein bisschen, dann geht er gegen Ende des Buches Und da würde ich euch noch ein Zitat mitgeben, sozusagen als Schlusswort von Philipp Blom, das das Ganze im Grunde zusammenfasst und unsere Probleme, vor denen wir jetzt stehen, eigentlich sehr, sehr gut beschreibt. Die Vertreibung aus dem Paradies ganz ohne Engel und ohne Heilsgeschichte ist eine schmerzliche Erfahrung. Denn es stellt sich heraus, dass die Menschen ein überwältigendes Verlangen nach Engeln und Erlösung haben. In der neuen fremden Natur frösteln sie, denn sie haben noch keine Begriffe, sie zu beschreiben. Und sie haben noch nicht verstanden, dass ihre Vertreibung auch ihre Befreiung ist. Wollen sie diese Befreiung wirklich?

Christoph:
[1:02:46] Ja, danke für das Schlusswort. Ich vermute, damit bist du am Ende deiner Buchvorstellung angekommen.

Nils:
[1:02:53] Ja, ich habe jetzt noch gerade am Ende ein paar Dinge übersprungen, aber ich glaube, das ist…

Christoph:
[1:02:57] Das kennen wir, die wir hier…

Nils:
[1:02:59] Der Bogen war so besser.

Christoph:
[1:02:59] Ja, die wir hier Bücher vorstellen, kennen wir das glaube ich alle, dass man am Ende denkt, okay, ich muss ein, zwei Sachen aussetzen.

Christoph:
[1:03:08] Ja, das war die Unterwerfung von Philipp Blom. Und ich glaube, ich habe noch nie so viele Folgen und konkrete Bücher aufgeschrieben. Bei den letzten Aufnahmen hatte ich immer mal irgendwie eher so Podcast-Folgen, Artikel und sowas. Aber jetzt habe ich wirklich Bücher. Das ist, finde ich, bei den Folgenverlinkungen immer ein bisschen schwierig. Weil gerade bei den lang zurückliegenden Folgen, finde ich zumindest, erinnere ich mich deutlich besser an die Bücher, die ich selber vorgestellt habe. Also das soll jetzt keine Selbstbeweihräucherung sein, sondern ich glaube, du kannst das bestimmt gleich noch um Folgen von dir und euch ergänzen. Aber genau, ich habe euch in Folge 21 Moderne und Ambivalenz von Sigmund Baumann vorgestellt. Da geht es ganz stark um das Verständnis von Moderne und welche Probleme und Ambivalenzen das eben mit sich bringt. Und bei Baumann ist ein großes Thema der Fremde. Also es ist, glaube ich, geht es noch, genau, es ist vielleicht ein bisschen soziologischerer Zugang, so vielleicht. leicht. Dann hat, ich glaube, das war Holger, hat Narrative Wirtschaft von Robert J. Schiller in Folge 25 vorgestellt. Das war ich. Ach, das warst du. Ja, sehr gut. Okay, sorry. Genau. Holger hat vorher die

Nils:
[1:04:18] Quantum Economics oder wie das hieß, vorgestellt.

Christoph:
[1:04:20] Ja, stimmt. Ja, ja, ja. Genau. Aber es geht um gesellschaftliche Narrative und ihren Einfluss auf ökonomische Ereignisse. Also genau, aus ökonomischer Perspektive. Dann haben wir Folge 27 mit der Knowledge Machine, die hast du auch vorgestellt, wenn ich jetzt nicht völlig mistaken bin.

Nils:
[1:04:37] Ja, stimmt.

Christoph:
[1:04:39] Genau. Also Funktionen und wie Wissenschaft funktioniert, so ein bisschen als Thema. Dann Anfänge von David Graeber hast du selber in der Folge schon aufgeworfen, die hast auch du vorgestellt, also genau das ist das. Dann haben wir Folge 40 mit dem Sovereign State and its Competitors, gerade weil wir auch über andere Staatsmodelle jetzt gesprochen haben. In dem Buch von Hendrik Spreuth geht es im Prinzip darum, wie sich der Nationalstaat in Europa durchgesetzt hat, vor allen Dingen gegen seine Konkurrenten die Hanse und die italienischen Stadtstaaten als Modelle, die nach Spreuth genau so dieses Rennen hätten gewinnen können. Und dann haben wir noch zwei Bücher von Mariana Mazzucato. Einmal The Entrepreneurial State und welches war das zweite? Ich glaube, das hast du auch vorgestellt. Das war nicht Mission Economy, ne?

Nils:
[1:05:31] The Big Con. Ja, genau.

Christoph:
[1:05:34] Die passen, glaube ich, inhaltlich auch gut. Das soweit erstmal meine Folgenverlinkung. Und dann habe ich noch ein paar Bücher. Ich habe ja zwischendurch gesagt, monokausalisierende Erklärungen sind immer ein bisschen schwierig, aber wenn ihr die Welt von heute verstehen wollt, das ist sehr populärwissenschaftlich, da bin ich immer ein bisschen argwöhnisch, aber ich finde, man kann es gut weglesen, gut weghören. Die Macht der Geografie im 21. Jahrhundert, also geht es darum, wie unter Länder, Staaten und auch die EU einfach geografisch eingebettet sind und welche Optionen oder Probleme das aus geografischer Perspektive für sie mitbringt. Ob man darüber eine komplette Weltpolitik erklären sollte, lasse ich mal dahingestellt, aber ich finde es zumindest spannend, weil wir über Religion ja zu viel gesprochen haben auch. Ich habe es schon ein paar Mal vorgeschlagen. Keine Bibel von Christian Nürnberger lohnt sich auf jeden Fall zu lesen, wenn ihr keinen direkten Zugang zur Bibel habt oder sie nochmal durcharbeiten wollt. Er stellt die Kerngeschichten der Bibel vor und ordnet sie ein. Und ich glaube, er ist Theologe. Ich habe es nicht ganz im Kopf. Dann ist ein Buch auf meiner Leseliste. Das heißt Die drei Ringe von Dorothea Weltecke.

Christoph:
[1:06:47] Oder Welthacker, ich weiß nicht genau. Und sie geht in dem Buch, so wie ich das verstehe, ja im Prinzip der Genese der drei abrahemitischen Religionen auf den Grund, wie die so ins Sein gekommen sind und wie sie zusammenhängen und was sie trennt und so weiter. Klingt, finde ich, zumindest sehr spannend. Dann die protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus von Max Weber, einen der soziologischen Klassiker hast du selber auch schon aufgeworfen. Dann, weil wir das Erdbeben von Lissabon jetzt hier in der Folge hatten, habe ich an mein Abitur zurückgedacht und wir haben das Erdbeben in Chile von Heinrich von Kleist gelesen, wo es ganz zentral um die Frage der Theodizee geht. Und auch wenn das Referenzereignis da das Erdbeben in Chile ist, ist das, was Heinrich von Kleist zum Schreiben animiert hat, im Prinzip eben dieses Erdbeben in Lissabon gewesen, wenn ich es richtig im Kopf habe. Und weil wir über Alexander von Humboldt gesprochen haben, noch ein Roman, die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann. Ein biografischer Zugang zu Alexander von Humboldt eben in Romanform. Das wären meine zwölf Verlinkungen für heute.

Nils:
[1:08:03] Ich habe tatsächlich nicht ganz so viele, weil ich vergessen habe, mir vorher welche zu machen. Ich habe natürlich im Text, ich versuche jetzt vor allen Dingen mal die aufzugreifen, die ich im Text schon mal angesprochen habe. David Graeber hast du ja gerade schon genannt, vor allen Dingen Anfänge, ist da sehr, sehr instruktiv, aber auch sein Buch Schulden, das habe ich auch mal hier vorgestellt. Dann haben wir Hartmut Rosa, Resonanz. Das kann ich ja gefühlt mittlerweile fast überall anbringen.

Nils:
[1:08:26] Stichwort artgerechte Menschenhaltung. Dann ist mir gerade noch aufgefallen, dir aufgefallen. Ich glaube, das war unsere Folge 10 Religion für Atheisten von Alain de Botton. Da sind wir auch wieder so an diesem Punkt, welche gesellschaftlichen, sozialen, psychologischen Funktionen hat eigentlich Religion übernommen und wie kriegen wir die in einer nicht-religiösen Welt irgendwie auch wieder weiter erfüllt.

Nils:
[1:08:47] Fand ich da auch sehr, sehr, sehr angenehm zu lesen. Alain de Botton ist halt auch sehr populär, manchmal vielleicht auch ein bisschen zu populär, aber auf jeden Fall sehr, sehr inspirierend in dem Fall. Und dann noch zwei Verbindungen, die vielleicht nicht ganz so offensichtlich sind, aber die jeweils auf zwei Aspekte hinspielen, die eine ganz große Rolle gespielt haben. Das ist einmal The Innovation Delusion von Lee Winsel und Andrew Russell, wo es im Grunde so um dieses Fortschrittsmantra geht. Im Grunde sagen, es muss immer neu sein, es muss immer irgendwie besser werden und wir vergessen dabei aber, dass das, was da ist und was gut ist, irgendwie zu erhalten und zu pflegen, dass es auch da ist und gut bleibt. Auch irgendwie ein aktuelles Thema, würde ich sagen, in unserer gesellschaftlichen Realität. Und dann haben wir noch die Folge, ich glaube es war 42 genau, in der ich Europa, Infrastrukturen der Externalisierung, ein Sonderheft von einer Architekturzeitschrift vorgestellt habe. Das ist aber sehr, sehr ausführlich genau diese Ausbeutungsstrukturen im Grunde von Europa gegenüber Afrika primär deutlich macht und da sehr, sehr viele spannende Themen aufgreift, Geschichten erzählt. erzählt, das würde ich euch da auch noch mitgeben. Und dann habe ich eben drei, noch eine Folge ist das tatsächlich auch, nämlich diese ganze Idee von Narrativen, die wir jetzt auch hatten, ist natürlich ganz stark in Erzählende Affen von Samira El-Oassil und Friedemann Karich.

Nils:
[1:10:09] Erklären die das sehr schön, das war auch eine Episode, ich glaube irgendwann in den 50ern war die, oder? 46. Alles klar. Genau, dann habe ich noch ein paar Bücher, Das ist einmal, das hatte ich erwähnt im Podcast von John Freely, Aristoteles in Oxford, wo er so ein bisschen diese zeitliche Lücke füllt, die jetzt hier auch Philipp Blom irgendwie lässt und ein bisschen zeigt, was in dem, was wir üblicherweise Mittelalter nennen, denn so an Wissenschaft, Bildungssystem, Reformen, Innovation und so weiter kam, was das, was danach kam, eigentlich erst ermöglicht hat. Das fand ich sehr spannend. und dann eben die beiden bücher von andrea wolf andrea wolf alexander von humboldt und fabelhafte rebellen alexander von humboldt halt eben über den namentlichen personen grunde in romanform gegossene biografie sehr sehr nett zu lesen und gleichzeitig sehr spannend und interessant und dann eben fabelhafte rebellen das ist im grunde so ein, Es ist schon fast eine Phase nicht, aber es erzählt halt eine Phase von irgendwie ein bis zwei Jahren in Weimar, wo so sämtliche deutsche Romantiker.

Nils:
[1:11:17] Da muss man sogar gendern, RomantikerInnen, sich in Weimar und Umgebung Weimar-Jena irgendwie zusammengeballt haben und erzählt eben so die persönlichen Geschichten, genauso wie die intellektuellen Entwicklungen. Weil mir in dem Buch das Intellektuelle ein bisschen zu kurz kommt, dass mir ein bisschen zu sehr Liebelei nach links, Liebelei nach rechts war. Aber es ist trotzdem lesenswert und interessant, bietet einen guten Einblick in die Zeit. Was ich dann noch an Artikeln habe, ich werde mal einen Artikel, ich habe jetzt gerade keinen konkreten Namen damit verbunden, zu dieser Ideologie des Test-Creel. Ich meine, da wäre auch Timnit Gebru mit drin, die ja jetzt auch im Thema KI und KI-Kritik ein bisschen öffentlich größer, bekannter geworden ist. Sie war Chef-Ethikerin bei Google und war dann zu kritisch und ist dann gefeuert worden.

Christoph:
[1:12:03] Oh, ich erinnere mich dumpf, ja.

Nils:
[1:12:04] Das war, meine ich, die Geschichte. Ich meine, sie wäre da auch eine der Autorinnen bei diesem Thema der Zentralen. Und dann habe ich tatsächlich gestern noch einen Artikel oder Newsletter gelesen von Michael Seemann, MS Pro, vielleicht bei Twitter oder auch bei Mastodon bekannt, schon ein bisschen länger unterwegs im Netz, so als so ein Netzdenker. Der verrennt sich gerade so ein bisschen ins Thema Israel-Palästina. Da muss man bei ihm ein bisschen vorsichtig sein. Aber er hat einen sehr, sehr guten Newsletter zu diesem Telesio-Strang, den ich hier im Podcast auch aufgemacht habe. Zu diesem Verrennen in narrative Strukturen und was das auch mit KI zu tun hat. Weil eben KI wieder nichts anderes macht, als sich in dem, was irgendwie semantisch anschlussfähig ist, die Wege zu suchen, die irgendwie plausibel sind. Und das passt sehr zu dieser Rechtfertigung, ich muss irgendwie das, was passiert, mit dem übereinbringen, was meine Ideologie mir sagt. Dann würde ich den da auch noch einbringen. Der schreibt allerdings tatsächlich, eine sehr interessante Mischung aus, sehr lesbar, wenn man theoretische Sprache gewohnt ist. Ähm, Ich wollte jetzt sagen, sehr lesbar, aber das stimmt nicht. Das ist sehr lesbar, wenn man irgendwie Soziologie studiert hat und das auch noch gerne liest, dann ist das sehr lesbar.

Christoph:
[1:13:19] Dann nehme ich das mal als persönliche Podcast-Empfehlung.

Nils:
[1:13:23] Es ist ein Newsletter-Artikel, es ist kein Podcast.

Christoph:
[1:13:27] Ja, sorry. Alles gut. Wir sind in einem Podcast, andere Menschen machen Newsletter.

Nils:
[1:13:34] Das ist auch für mich die 73. Minute. Genau, aber das waren erstmal meine Empfehlungen. Die findet ihr dann in den Show Notes. Genau, jetzt verlaufe ich mich auch schon.

Christoph:
[1:13:46] Sehr gut. Okay, dann bleibt mir nur noch…

Nils:
[1:13:48] Ey, du findest es gut, dass ich mich verlaufe?

Christoph:
[1:13:51] Das ist zumindest dann ausgeglichen. Dann bleibt mir nur noch diese Folge abzurunden mit dem Verweis auf unsere Webseite. Das ist zwischenzweideckeln.de So wie ich unser Social Media Game momentan betrachte, ist das, glaube ich, auch die zentrale Anlaufstelle. Uns, wenn ihr uns was schreiben wollt, zukommen lassen wollt, dann macht es gerne da. Ihr könnt unter den Folgen direkt kommentieren. Ansonsten findet ihr uns prinzipiell auf Instagram unter dem Händel deck.at deckeln. Auf Facebook heißen wir zwischen zwei Deckeln und bei Mastodon heißen wir zzd.podcast.social und genau, das bespielen wir mal weniger regelmäßig, mal sehr regelmäßig. Aber genau, ich glaube, wenn ihr diesem Podcast jetzt schon folgt, dann dann bespielt euer Podcatcher euch einfach mit neun Episoden und dann kriegt ihr auf jeden Fall das Relevante mit, nämlich, dass wir alle drei Wochen erscheinen. Und ja, wir freuen uns, wenn ihr beim nächsten Mal wieder mit dabei seid. Das ist dann eben in drei Wochen. Das kriegt kein Podcatcher, das, glaube ich, richtig einsortiert. Das fällt mir immer wieder auf. Die behaupten wahlweise alle zwei Wochen, alle vier Wochen, aber genau, es sind alle drei Wochen, erscheinen wir für euch am Donnerstag. Damit wünsche ich euch ein, einen schönen Herbst oder so und wir freuen uns auf das nächste Mal. Macht’s gut. Tschüss.

Music:
[1:15:10] Music

Quellen

Intro und Outro der Episode stammen aus dem Stück Maxixe von Agustin Barrios Mangore, eingespielt von Edson Lopes (CC-BY).

Das Umblättern zwischen den Teilen des Podcasts kommt hingegen von hoerspielbox.de.

Zwischen zwei Deckeln findest du auch im sozialen Medium deiner Wahl: Mastodon, Instagram und Facebook.

Der Beitrag 081 – „Die Unterwerfung“ von Philipp Blom erschien zuerst auf Zwischen zwei Deckeln.

  continue reading

Luvut

1. Intro (00:00:00)

2. tl;dl Kurzzusammenfassung (00:04:22)

3. Buchvorstellung (00:05:01)

4. mehr Literatur und Ausstieg (01:03:05)

85 jaksoa

Kaikki jaksot

×
 
Loading …

Tervetuloa Player FM:n!

Player FM skannaa verkkoa löytääkseen korkealaatuisia podcasteja, joista voit nauttia juuri nyt. Se on paras podcast-sovellus ja toimii Androidilla, iPhonela, ja verkossa. Rekisteröidy sykronoidaksesi tilaukset laitteiden välillä.

 

Pikakäyttöopas